Dumpstern in Graz

Dumpstern, Dumpster diving, Containern oder Mülltauchen …

… ganz egal, wie man auch dazu sagen möchte, beim Dumpstern geht es im Endeffekt immer darum, noch genießbare Lebensmittel aus dem Müll zu „tauchen“.

Wie funktioniert das?

Im Grunde ist Dumpstern ganz einfach: Nach Ladenschluss (also circa gegen 20:30 Uhr) werden die frei zugänglichen Mülleimer von Supermärkten nach den noch guten Lebensmitteln durchsucht und mitgenommen wird, was man selbst brauchen und verwerten oder verteilen kann. Wenn man das Wort „Mülleimer“ hört, vergeht einem im ersten Moment wohl der Appetit und man hat Bilder von verschimmelten und ranzigen Lebensmitteln sowie umherschwirrenden Fliegen im Kopf. Die Realität schaut jedoch leider ganz anders aus. Die meisten Lebensmittel, die man findet, sind kurz über dem Haltbarkeitsdatum und das Gemüse hat meistens nur kleine Schönheitsfehler oder nur eine von zehn Orangen im Sackerl ist faul. Nur selten findet man wirklich ekelige Mülltonnen vor. Wenn man Glück hat, ist sogar mal ein schöner Blumenstrauß dabei.

Nun, dass klingt jetzt alles zu schön um wahr zu sein, einen Haken gibt es an der Sache tatsächlich.

Rechtliche Situation

Legal oder illegal, das ist manchmal nicht ganz klar.

Dumpstern ist in Österreich eine rechtliche Grauzone.

Diebstahl: Anders als oft angenommen, ist Müll in Mülltonnen keine „herrenlose Sache“ (weil sie der Besitzer (die Supermärkte) schon weggeschmissen hat), sondern das Eigentum geht meist auf Gemeinden oder andere Entsorgungsunternehmen über.

Weitere Voraussetzung für das Vorliegen eines Diebstahls ist aber, dass die „gestohlene“ Sache einen Wert hat, was bei weggeworfenen Lebensmitteln umstritten ist. Im Ernstfall kommt es wohl vor Gericht darauf an, welche Qualität die Nahrungsmittel haben oder auch in welcher Menge sie entnommen wurden.

Auch der Vorsatz für den Diebstahl ist fraglich. Vielen Mülltaucherinnen und Mülltauchern ist sicher nicht bewusst, dass sie eine Straftat begehen, wenn sie „Müll nehmen“ und Lebensmittel retten. Vorsatz ist allerdings für eine Strafbarkeit Grundvoraussetzung.

„Im Detail ist aber auch unter Fachleuten umstritten, in welchen Fällen Mülltauchen als Diebstahl strafbar ist.“ – Der Standard, 19.1.2023

Steht der Mülleimer daher offen und frei zugänglich, sollte es in den meisten Fällen kein Problem darstellen und auch im Falle einer Anzeige zu keinen rechtlichen Konsequenzen kommen.

Muss man sich jedoch erst Zugang verschaffen (durch Aufbrechen oder durch Nachmachen eines Schlüssels), fällt das unter den Tatbestand des Einbruchs und ist auf alle Fälle strafbar.

Was sollte man beachten?

Für das Dumpstern gibt es ein paar einfache Regeln, welche man immer beachten sollte.

Wo dumpstern?

Eine ganz wichtiger Punkt ist die Suche nach einem geeigneten Ort zum Mülltauchen. Hier ist es sehr wichtig, keine Mülleimer zu durchsuchen, welche abgeschlossen sind, denn das wäre wie bereits erwähnt definitiv illegal. Aber keine Sorge, es gibt genug Orte an denen die Mülltonnen frei zugänglich sind.

Wann dumpstern?

Mit der entsprechenden Erfahrung kennt man das beste Zeitfenster, ca. eine halbe bis eine Stunde nach Ladenschluss, wenn das Personal die Räume verlassen hat.

Wie dumpstern?

Ein weiterer Punkt der beachtet werden sollte, ist die Art, wie man sich beim Durchsuchen der Mülltonne verhält. Wichtig ist es, den Ort genauso sauber beziehungsweise sogar sauberer zurückzulassen, als man ihn vorgefunden hat. So stellt man sicher, dass die Mitarbeiter des Supermarktes nicht verärgert sind und die Mülleimer möglicherweise doch abgeschlossen werden.

Danach?

Wenn man nach dem Mülltauchen zuhause ankommt, ist es wichtig, sich um die geretteten Lebensmittel zu kümmern. Alles sollte genau durchgeschaut werden, um zu vermeiden, dass bereits schlechte Lebensmittel dabei sind. Als zweiten Schritt sollten die Lebensmittel gewaschen und entsprechend gelagert werden. Sollte man Milchprodukte oder Ähnliches finden, was auch häufig der Fall ist, sollte man sich nicht auf das Mindesthaltbarkeitsdatum, sondern auf seine Sinne verlassen. Bei Fleischwaren sollte man jedoch vorsichtig sein, im Zweifelsfall ist es besser, diese Produkte im Müll zu lassen, der Verzehr kann hier unangenehme und gefährliche Folgen mit sich bringen. Alles, was man nicht selbst verbrauchen kann oder will, sollte man teilen – also entweder direkt mit anderen oder in die Grazer Foodsharing-Fairteiler bringen.

Vorteile?

Die Gründe fürs Dumpstern sind verschieden, die einen machen es, weil Lebensmittel im Müll für sie ein No-Go sind, die anderen, weil sie Geld sparen wollen oder müssen. Für viele ist es wahrscheinlich auch eine Kombination aus beiden Beweggründen. Für die Supermärkte selbst hat das Dumpstern aber auch positive Folgen: Sie ersparen sich Müllgebühren für die Entsorgung der Lebensmittel.

Meine persönliche Erfahrung

Mich schockieren die harten, aber leider wahren Fakten zum Thema Lebensmittelverschwendung nun schon lange. Mein erster Schritt mich persönlich dagegen einzusetzen anstatt nur zu jammern, war die Anmeldung bei Foodsharing. Durch Foodsharing habe ich Leute kennengelernt, die sich auch schon länger in der Dumpster-Szene von Graz bewegen und wurde auch gleich von Lukas gefragt, ob ich nicht mal auf eine Dumpster-Tour mitkommen wollte. Aus Neugier habe ich natürlich direkt zugesagt.

An einem Dienstag Abend um ca. 20:30 war es dann so weit, warm eingepackt und mit einem Rucksack ging es zum vereinbarten Treffpunkt. Um ehrlich zu sein, war ich anfangs schon etwas nervös, weil ich gar nicht wusste, was mich erwartete. Gemeinsam haben wir uns dann auf den Weg zum ersten Geschäft gemacht, dort haben wir auch schon die ersten Funde gemacht. Insgesamt waren wir an diesem Abend bei vier verschiedenen Supermärkten unterwegs. Mal findet man mehr, mal weniger bis gar nichts. Am Ende der Runde war mein Rucksack sowie mein Radkorb bis zum Rand mit Lebensmitteln gefüllt und ich war geschockt. Besonders traurig macht es mich, wenn exotisches Obst und generell nicht saisonale und regionale Produkte im Abfall landen. Da ist der ökologische Fußabdruck ja noch mal ein ganzes Stück größer. Zuhause angekommen, ist es wichtig alles noch einmal genau durchzuschauen und das Obst und Gemüse gründlich zu waschen, dann kommt auch schon der lustigste Teil: Kreativ werden und köstliches frisches Essen zaubern.

Alternativen mit denen jeder auch etwas bewirken kann: Too good to go, darauf achten wie lange Lebensmittel haltbar sind, foodsharing und Fairteiler nutzen.

Eine bunte Mischung, von Gemüse bis Schokolade kann alles dabei sein.
Besonders Gebäck ist ein großes Problem. Wusstest du, dass in Supermärkten jede fünfte Backware am Ende des Tages im Müll landet?

Weitere wichtige Informationen zu Lebensmittelverschwendung & Co:

Quellen:

  • https://www.derstandard.de/story/2000142286077/essen-aus-dem-muell-ist-containern-in-oesterreich-verboten

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Ein Kommentar:

  1. Dr Konrad Uranitsch

    Ich bin Mitglied eines Serviceclubs und wollte anfragen ob sie die Möglichkeit hätten einen Vortrag in meinem Club zu halten

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