Kühlgrenztemperatur

Wie viel Hitze verträgt der Mensch?

Mit Voranschreiten des Klimawandels werden Hitzewellen häufiger, länger und erreichen Gegenden, die derartige Wetterphänomene nicht gewohnt sind. Aber wie gut kann sich der Mensch eigentlich an Hitze anpassen und wann wird es tatsächlich gefährlich? Ein Begriff, der dabei immer wieder auftaucht, ist der der Kühlgrenztemperatur.

Schweiß – die natürliche Klimaanlage des Menschen

Wir Menschen müssen unsere Körpertemperatur konstant bei rund 37 Grad halten, damit unser Organismus reibungslos funktionieren kann. Wenn wir aufgrund von körperlicher Betätigung oder durch Wärme von außen zu überhitzen drohen, beginnen wir zu schwitzen. Der Schweiß verdunstet auf der Hautoberfläche und gibt damit Wärme ab. Der Kühlungseffekt funktioniert umso besser, je trockener die Umgebungsluft ist. Für tropische, schwüle Hitze mit hoher Luftfeuchtigkeit ist unser Körper dagegen nicht gemacht.

 Bis zu welcher Temperatur funktioniert unsere „natürliche Kühlung“?

Die Frage wie viel Hitze der menschliche Körper aushält, kann nicht allein mit der Temperatur beantwortet werden. Die Luftfeuchtigkeit hat einen maßgeblichen Einfluss darauf, wie effektiv wir beim Schwitzen abkühlen. Temperatur und Luftfeuchtigkeit müssen daher stets in Kombination betrachtet werden.

In der Wissenschaft behilft man sich daher mit dem Begriff der „Kühlgrenztemperatur“ oder „Feuchtkugeltemperatur“ (engl. „Wet-Bulb-Temperature“), die Temperatur und Luftfeuchtigkeit zusammenfasst. Die Kühlgrenztemperatur ist die tiefste Temperatur, die durch Verdunstungskühlung, z.B. durch Schwitzen, erreicht werden kann. Beträgt die Luftfeuchtigkeit 100% entspricht die Kühlgrenztemperatur der Lufttemperatur, da keine Verdunstung möglich ist.

Theoretische Modelle führten bis vor Kurzem zur Annahme, dass für den Menschen eine Kühlgrenztemperatur von 35 Grad lebensbedrohlich ist. Experimente aus den letzten Jahren lassen jedoch darauf schließen, dass bereits eine Kühlgrenztemperatur von 31 bis 31,5 Grad über einen Zeitraum von 6 Stunden zum Tod durch Überhitzung führt. Das gilt auch für junge, gesunde Menschen in Ruheposition und im Schatten.

Folgende Kombinationen aus Lufttemperatur und Luftfeuchtigkeit ergeben beispielsweise eine Kühlgrenztemperatur von 31,5 Grad und damit eine lebensgefährliche Situation:

Grad CelsiusLuftfeuchtigkeit
31,5100%
3578%
4053%

Weitere Kombinationen kann man sich beispielsweise mit dem folgenden Online-Tool selbst berechnen: https://rechneronline.de/barometer/feuchttemperatur.php.

Es ist wichtig zu verstehen, dass die oben genannten Angaben zur Kühlgrenztemperatur das absolute Limit der menschlichen Anpassung beschreiben. Für Babys, Kleinkinder, alte, kranke und exponierte Menschen sind bereits klimatische Umstände lebensgefährlich, die deutlich unter diesem Limit liegen. Die Hitzewelle in Europa 2003 und die Hitzewelle in Russland 2010 verursachten schätzungsweise 125.000 Tote, erreichten aber lediglich Kühlgrenztemperaturen von 28 Grad.

Lebensbedrohliche Hitzewellen nehmen mit steigender globaler Temperatur zu

Gefährliche Hitzewellen sind keine Phänomene der Zukunft. Hitzewellen auf der ganzen Welt sorgen bereits heute für eine messbare Übersterblichkeit. Laut UNICEF sind aktuell mehr als 820 Millionen Kinder potenziell von starken Hitzewellen betroffen.

Mit Fortschreiten der Klimaerwärmung werden Hitzewellen gefährlicher, häufiger und überregionaler. Hitzewellen mit Extremwerten über 6 Stunden haben sich zwischen 1970 und 2020 verdoppelt. Bislang treten sie vor allem in Gegenden auf, in denen große Hitze üblich ist – beispielsweise im Nahen Osten oder in Nordindien.  Steigt die globale Durchschnittstemperatur um 2 Grad gegenüber der vorindustriellen Zeit – aktuell sind wir bereits bei 1,2 Grad – erreichen extreme Hitzewellen aber auch regelmäßig Zentraleuropa und Regionen, die historisch kaum mit Hitzewellen zu tun hatten.

Hitzewellen treffen, so wie andere Konsequenzen des menschengemachten Klimawandels, in erster Linie Menschen, die selbst den geringsten Anteil an den Ursachen haben. Eine globale Klimaerwärmung um 1,5 bis 2 Grad Celsius hat überproportionale Auswirkungen auf die tropischen Regionen der Welt, wo viele Menschen bereits heute auf humanitäre Hilfe angewiesen sind. Eine Häufung von gefährlichen Hitzewellen führt zu direkten Todesfällen, aber auch zu Hungersnöten und Massenemigration, da ganze Regionen im Sommer praktisch unbewohnbar werden. Auch exponierte Gegenden in Industrieländern, die bereits jetzt von starker Hitze betroffen sind (z.B. Kalifornien) müssen dann jedes Jahr mit einer gefährlichen Hitzewelle rechnen.

Wer ist besonders betroffen?

Innerhalb der Gesellschaft treffen Hitzewellen zuallererst Babys, Kleinkinder, alte Menschen, Menschen mit Vorerkrankungen, schwangere und stillende Mütter. Gefährdete Gruppen sind auch Arbeiter im Freien, Obdachlose und Menschen, die in Flüchtlingslagern oder behelfsmäßigen Behausungen leben und damit kaum Rückzugsmöglichkeiten zur Abkühlung haben.

Welche Maßnahmen müssen wir treffen?

Die einzige Prävention gegen die Ausbreitung lebensgefährlicher Hitzewellen ist die schnellstmögliche Eindämmung des Klimawandels und dessen Folgen. Dazu gibt es keine Alternative.

Da Hitzewellen aber bereits heute länger und häufiger auftreten, müssen gleichzeitig Maßnahmen gesetzt werden, um Menschen zu schützen. Längerfristige Anpassungen sind v.a. im Bauwesen nötig. Behausungen müssen so konzipiert werden, dass sie auch bei länger andauernden Hitzewellen eine Möglichkeit zum Rückzug bieten. In der Stadtplanung sollte die Vermeidung von Hitzeinseln und die Schaffung von Beschattung, Begrünung und Abkühlungsmöglichkeiten im öffentlichen Raum Priorität haben.

In Österreich gibt es einen vom Bundesministerium für Soziales und Gesundheit ausgearbeiteten nationalen Hitzeschutzplan. Dieser umfasst u.a. ein Hitzewarnsystem, die anzuwendenden Kommunikationskanäle, Maßnahmen zum Schutz besonders gefährdeter Gruppen und der Hitzeschutz in Gesundheits- und sozialen Einrichtungen.

Befindet man sich selbst in einer länger andauernden Hitzewelle sollte man gut auf sich selbst und andere achten. Körperliche Tätigkeiten und Aufenthalte im Freien sollten so gut wie möglich reduziert und in die frühen Morgenstunden verlegt werden. Kinder und ältere Menschen müssen häufig ans Trinken erinnert werden, um nicht zu dehydrieren. Nachbarschaftshilfe wird ebenfalls großgeschrieben – man kann nach älteren, alleinstehenden Personen sehen oder Hilfsorganisationen kontaktieren, wenn man auf obdachlose oder substanzabhängige Personen aufmerksam wird, die gefährlich exponiert sind.  

Zusammenfassung

  • Wie gut der Mensch schwitzen, d.h. abkühlen kann, ist von Temperatur und Luftfeuchtigkeit abhängig. Der Begriff „Kühlgrenztemperatur“ kombiniert Temperatur und Luftfeuchtigkeit. Derzeit geht man davon aus, dass eine Kühlgrenztemperatur von 31 bis 31,5 Grad über 6 Stunden tödlich ist.
  • Hitzewellen, die gefährliche Schwellen erreichen, werden durch den globalen Klimawandel häufiger, länger und überregionaler.
  • Eine Eindämmung von gefährlichen Hitzewellen ist nur durch die Eindämmung des Klimawandels möglich.
  • Bereits heute müssen Maßnahmen ergriffen werden, um Menschen vor den Folgen von Hitzewellen zu schützen.

Quellen:

„Deadly humid heatwaves to spread rapidly as climate warms – study“, The Guardian, https://www.theguardian.com/environment/2023/sep/08/deadly-humid-heatwaves-to-spread-rapidly-as-climate-warms-study, 08.09.2023.

„Nationaler Hitzeschutzplan (Juni 2024), https://www.sozialministerium.at/Themen/Gesundheit/Hitze/Nationaler-Hitzeschutzplan.html, 19.06.2024.

„Extreme Heat – Preparing for the Heatwaves oft he Future, A joint publication of the United Nations Office for the Coordination of Humanitarian Affairs, the International Federation of Red Cross and Red Crescent Societies, and the Red Cross Red Crescent Climate Centre.“, https://www.ifrc.org/sites/default/files/2022-10/Extreme-Heat-Report-IFRC-OCHA-2022.pdf, Oktober 2022.

„Darum schwitzen wir“, https://www.quarks.de/gesundheit/darum-schwitzen-wir, 20.06.2023.

„Feuchtkugeltemperatur: Wenn ein Mensch die Hitze nicht mehr erträgt“, https://www.wetter.de/cms/gefaehrliche-erwaermung-warum-sterben-menschen-bei-hitze-feuchtkugeltemperatur-einfach-erklaert-4961007.html, 29.04.2022.

„Kühlgrenztemperatur“, https://de.wikipedia.org/wiki/K%C3%BChlgrenztemperatur, 01.04.2024.

„Hitzetoleranz des Menschen geringer als gedacht“, https://www.forschung-und-wissen.de/nachrichten/medizin/hitzetoleranz-des-menschen-geringer-als-gedacht-13376005, 09.03.2022.

„Der Kühlgrenztemperatur-Effekt ist da … viel zu früh“, https://globalmagazin.com/der-kuehlgrenztemperatur-effekt-ist-da/, 22.07.2020.

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