Ein nachhaltiges Zukunftsmodell für die Landwirtschaft?
Am Freitag, 28. März findet ab 17 Uhr im Lendhafen eine Verkostung von Agroforst-Produkten statt. Eine Anmeldung ist aufgrund begrenzter Plätze nötig. Mehr dazu: Agroforst-Verkostung
Hier erfährt ihr mehr zu Agroforst:
Die Landwirtschaft und unser gesamtes Ernährungssystem stehen vor enormen Herausforderungen. Klimawandel, extreme Wetterereignisse wie Hitze, Starkregen und Stürme sowie der Verlust der Biodiversität setzen unseren Böden und Erträgen massiv zu. Wie können wir darauf reagieren? Ist Hightech die einzige Lösung, oder lohnt sich eine Rückbesinnung auf bewährte, naturnahe Methoden?

Eine Antwort auf diese drängenden Fragen könnte im Agroforstsystem liegen. Agroforst bringt Bäume und Sträucher zurück in die Agrarlandschaft – als Schutz vor extremer Hitze, zur Verhinderung von Bodenabtrag und zur Förderung der Artenvielfalt. Bäume, Sträucher, Feldfrüchte und/oder Nutztiere werden auf derselben landwirtschaftlichen Nutzfläche kombiniert. Heute gepflanzte Bäume wachsen über Jahre heran, binden CO₂ und schaffen wertvolle Lebensräume. Gleichzeitig bietet das System ökologische und wirtschaftliche Vorteile, die es zu einer zukunftsfähigen Lösung für Landwirt*innen und Umwelt machen.
Was ist Agroforst?
Agroforstwirtschaft ist ein multifunktionales Landnutzungssystem, das Bäume und Sträucher gezielt mit Ackerbau oder Viehzucht kombiniert. Diese Form der Bewirtschaftung bietet zahlreiche Vorteile gegenüber konventionellen Monokulturen. Die gezielte Integration von Gehölzen sorgt für eine nachhaltigere Nutzung der Böden, da sie vor Erosion schützen, Wasser speichern und das Mikroklima verbessern.
Vorteile des Agroforsts
- Klimaschutz: Bäume binden CO₂ und tragen so zur Reduzierung von Treibhausgasen bei.
- Bodenschutz: Wurzelsysteme verhindern Erosion und verbessern die Bodenstruktur und den Humusaufbau.
- Wassermanagement: Bäume speichern Wasser und helfen, Überschwemmungen bei Extremwetterereignissen zu verhindern.
- Biodiversität: Mehr Lebensraum für Insekten, Vögel und andere Tiere.
- Ertragssteigerung: Durch Mikroklima-Vorteile können landwirtschaftliche Erträge stabiler bleiben bzw im Vergleich zur Monokultur sogar steigen.
- Wirtschaftlicher Nutzen: Holz, Früchte oder Nüsse bieten zusätzliche Einkommensquellen.
Historisches
Agroforst, also Bäume auf Viehweiden oder Gemüsefeldern, war früher in vielen Regionen weit verbreitet, wurde aber im Zuge der Industrialisierung der Landwirtschaft weitgehend verdrängt. Die Gründe dafür waren unter anderem:
- Mechanisierung der Landwirtschaft: Mit der Einführung großer Maschinen wie Traktoren und Mähdreschern wurden Bäume als Hindernisse betrachtet. Große, baumfreie Felder erleichterten den Einsatz dieser Maschinen und steigerten die Effizienz.
- Ertragssteigerung durch Monokulturen: Durch den Fokus auf Monokulturen konnten Landwirt:innen spezialisierte Anbaumethoden entwickeln, die kurzfristig höhere Erträge versprachen. Bäume wurden als „nutzlose“ Flächenverschwendung gesehen.
- Agrarsubventionen und Politik: Viele Förderprogramme und Gesetze bevorzugten großflächige, baumfreie Felder. Agroforstsysteme passten nicht in die standardisierten Förderrichtlinien und wurden daher oft nicht wirtschaftlich unterstützt.
- Pestizide und künstliche Düngung: Durch den Einsatz von chemischen Düngemitteln und Pestiziden wurde die Notwendigkeit natürlicher Ökosystem-Dienstleistungen (zB Bodenverbesserung durch Bäume) in der konventionellen Landwirtschaft reduziert.
- Veränderte Marktanforderungen: Die zunehmende Industrialisierung der Nahrungsmittelproduktion setzte auf standardisierte Produkte, schnelle Wachstumszyklen und maximale Flächennutzung – Bäume wurden in diesem System als hinderlich betrachtet.
Welche Produkte entstehen aus Agroforst?
Agroforstsysteme ermöglichen eine Vielzahl an Produkten, die sowohl zur Selbstversorgung als auch zur Vermarktung genutzt werden können:
- Holz: Bauholz, Feuerholz oder Biomasse für Energiegewinnung.
- Obst und Nüsse: Äpfel, Kirschen, Walnüsse, Haselnüsse, Kastanien uvm
- Beeren und Wildfrüchte: Holunder, Aronia, Sanddorn oder Schlehen.
- Kräuter und Heilpflanzen: Lavendel, Minze, Salbei oder Kamille.
- Honig: Durch die Förderung der Biodiversität profitieren auch Bienen und ermöglichen eine nachhaltige Honigproduktion.
- Futterpflanzen: Blätter und Früchte von bestimmten Baumarten dienen als Ergänzungsfutter für Tiere.
- Pilze: In schattigen Agroforstsystemen lassen sich Speisepilze wie Shiitake oder Austernpilze kultivieren.
Herausforderungen und Lösungen
Obwohl Agroforst viele Vorteile bietet, gibt es Herausforderungen, die Landwirt:innen bewältigen müssen. Dazu gehören anfängliche Investitionskosten, die lange Dauer bis zur vollen Ertragsfähigkeit und bürokratische Hürden. Doch Förderprogramme und wissenschaftliche Erkenntnisse unterstützen die Umsetzung immer stärker.
Inspirierende Beispiele für erfolgreiche Agroforstsysteme
Martin Crawford’s Waldgarten (UK)
In Devon betreibt Martin Crawford seit über 30 Jahren einen essbaren Waldgarten, der auf den Prinzipien des Agroforsts basiert. Er kombiniert Bäume, Sträucher, Kräuter und mehrjährige Pflanzen, um eine nachhaltige und produktive Landschaft zu schaffen.
Silvopastorale Systeme in Frankreich
Französische Landwirt:innen integrieren Bäume in Weidesysteme, um das Mikroklima für Tiere zu verbessern, die Bodengesundheit zu fördern und Holz als zusätzliche Einkommensquelle zu nutzen.
Dehesa-System in Spanien
In Spanien gibt es traditionell weit verbreitete Agroforstsysteme wie die „Dehesa“, in denen Korkeichen mit Viehhaltung (zB iberische Schweine) kombiniert werden. Diese Form der Landnutzung sorgt für nachhaltige Fleischproduktion und Erosionsschutz.
Alley Cropping in den USA
In den USA gibt es immer mehr Farmen, die auf „Alley Cropping“ setzen, also auf Baumreihen zwischen Ackerfrüchten. Dies verbessert die Bodenfruchtbarkeit und schützt vor Wind- und Wassererosion.
Kaffeewirtschaft in Mittelamerika
Viele Kaffeebäuer:innen in Ländern wie Kolumbien oder Nicaragua setzen auf schattenspendende Baumkulturen. Diese verbessern nicht nur die Kaffeequalität, sondern bieten auch Lebensräume für Vögel und andere Tiere.
Auch in Österreich gewinnt die Agroforstwirtschaft zunehmend an Bedeutung. Einige Initiativen und Projekte fördern die Integration von Bäumen und Sträuchern in landwirtschaftliche Betriebe, um ökologische und ökonomische Vorteile zu erzielen.
Initiativen und Netzwerke in Österreich
Mehrere Organisationen setzen sich für die Förderung von Agroforstsystemen ein:
- FiBL Österreich: Das Forschungsinstitut für biologischen Landbau bietet auf seiner Plattform vielfältige Informationen rund um Agroforst in Österreich. agroforst-oesterreich.at
- BIO AUSTRIA: Der Verband unterstützt Landwirt:innen mit Beratungsangeboten zur Planung und Umsetzung von Agroforstsystemen. bio-austria.at
- ARGE Agroforst: Ein Verein zur Förderung der Agroforstwirtschaft, der Landwirt:innen, Wissenschaft und Beratung vernetzt. arge-agroforst.at
Beispielhafte Umsetzung in Österreich
Ein konkretes Beispiel ist der BioHof Hager in Oberösterreich, der seit Herbst 2020 auf etwa 2 Hektar ein Agroforstsystem mit dem Ziel der Wertholzproduktion etabliert hat. Es wurden vier Baumreihen mit zehn verschiedenen Baumarten im Abstand von 22,5 Metern und einem Baumabstand von 10 Metern gepflanzt. Mehr dazu: biohofhager.at
Diese Entwicklungen zeigen, dass Agroforst auch in Österreich auf dem Vormarsch ist und einen wertvollen Beitrag zu nachhaltiger Landwirtschaft leisten kann.
Fazit
Agroforst ist kein Allheilmittel, aber ein vielversprechender Baustein für eine nachhaltige und klimaresiliente Landwirtschaft. Die Kombination aus Bäumen, Sträuchern und Ackerbau verbessert die Bodenqualität, schützt vor Extremwetter und schafft neue Einkommensmöglichkeiten. Wer heute in Agroforst investiert, gestaltet aktiv eine zukunftsfähige Landwirtschaft und trägt zum Klimaschutz bei.
Hast du Erfahrungen mit Agroforst oder Interesse an diesem Thema? Teile deine Gedanken in den Kommentaren!
Fotocredit: ©K.Eckerstorfer/FiBL
Quellen:
- https://agroforst-oesterreich.at/was-ist-agroforst-2/
- 17.05.2023: „Wenn Bäume auf dem Acker stehen“ https://science.orf.at/stories/3219348/
!! Anmerkungen der Nachhaltig-in-Graz-Redaktion !!
Bleib mit unserem Newsletter informiert – er kommt unregelmäßig und nicht zu oft!
Folge uns gerne auf Instagram oder lade unsere kostenlose App Nachhaltig in Graz herunter.
Deine Spende wirkt – und ist von der Steuer absetzbar:
Du willst und kannst unser Tun auch finanziell unterstützen? Danke – uns hilft jeder Beitrag, um unsere Website in dieser Qualität und Fülle weiterführen zu können! Deine Spende ist von der Steuer absetzbar, wenn du uns deinen vollen Namen (laut Meldezettel) und dein Geburtsdatum bekannt gibst.
Verein „Nachhaltig in Graz“
BIC: STSPAT2GXXX
IBAN: AT20 2081 5000 4200 1552
Verwendungszweck: Spende/Name laut Meldezettel/Geburtsdatum