Klimaklage vor dem VfGH


Zwölf junge Österreicher*innen im Alter von fünf bis 16 Jahren reichten am 21. Februar 2023 eine Klimaklage vor dem österreichischen Verfassungsgerichtshof VfGH ein. Die Begründung? Die österreichische Bundesregierung gefährde durch fehlende Maßnahmen ihre Zukunft! Das seit 2011 geltende Klimaschutzgesetz sei seit Anfang 2021 nahezu unwirksam und führe aufgrund gravierender Mängel nicht zum Rückgang der Treibhausgasemissionen. Ein Klimaschutzgesetz gänzlich ohne Reduktionsziele und ohne jegliche Verbindlichkeit (es gibt keine Konsequenzen bei Nichteinhalten!) sei ein Schein-Klimaschutzgesetz. Vor dem VfGH angefochten werden nur jene unwirksamen Teile des Gesetzes. Wenn bestätigt wird, dass dadurch Kinderrechte verletzt werden, dann müsste das Gesetz repariert werden.

Die Kinder und Jugendlichen berufen sich dabei auf ihre Kinderrechte, die in Österreich durch die Verfassung geschützt sind. Artikel 1 des Bundesverfassungsgesetzes über die Rechte von Kindern: “Jedes Kind hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge, die für sein Wohlergehen notwendig sind, auf bestmögliche Entwicklung und Entfaltung sowie auf die Wahrung seiner Interessen auch unter dem Gesichtspunkt der Generationengerechtigkeit”.

Das Wohl der Kinder muss demnach auch im Sinne der Generationengerechtigkeit geschützt werden. Ältere Generationen wird die Klimakrise und die Auswirkungen der fehlenden bzw nicht ausreichenden Klimaschutzmaßnahmen nicht mehr oder nicht in dem Ausmaß wie die jungen Generationen treffen. Sie haben mit den Entscheidungen der jetzigen Erwachsenengeneration und den stetig steigenden Konsequenzen wie rasch in Anzahl und Heftigkeit zunehmende Extremwetterereignisse, Dürre und Bedrohung der Ernährungssouveränität, gesundheitliche Beeinträchtigungen durch die steigenden Temperaturen, Massenflucht aufgrund unbewohnbarer Gebiete und vielem mehr zu leben. Die Last des Klimaschutzes wird dadurch in die Zukunft verschoben. In ihrem späteren Leben sind Kinder und Jugendliche mit besonders schwerwiegenden Folgen der Klimakrise konfrontiert.

Klimaschutz müsse außerdem ein Menschenrecht werden und im Verfassungsrang stehen. Absurd, dass das bisher nicht der Fall ist. Denn nur so kann die nachgeordnete Gesetzgebung entsprechend den Anforderungen des Klimaschutzes adaptiert werden. Und nur dann ist es möglich, den Staat für mangelnden Klimaschutz zu belangen. Auch unser Rechtssystem muss klimafit werden. Und darf und muss sich ändern.

Klimaklagen in Österreich

Global 2000 hat im Jahr 2022 auf konkrete Ausstiegspläne für fossile Energieträger geklagt (Urteil ausständig).

Die Klage von Greenpeace im Jahr 2000 (im Namen von 8000 Unterstützer:innen) gegen die Steuerbegünstigung des Flugverkehrs (internationale Flüge und Kerosin) gegenüber der Bahn wurde vom VfGH aus formellen Gründen abgewiesen.

Einer der Kläger kämpft nun seit Mitte 2021 mit Anwältin Michaela Krömer vor dem EGMR Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte weiter. Kurz gesagt geht es darum, welche Möglichkeiten ein Staat den Bürger*innen bieten muss, dass sie mehr Klimaschutz einfordern können. Darüber hinaus geht es um die Schutzpflichten des Staates gegenüber einem massiv körperlich betroffenen und jungen Kläger (Jahrgang 1980). Beschwerdeführer Mex ist an einer temperaturabhängigen Form von Multipler Sklerose, dem Uhthoff-Phänomen, erkrankt. Ab einer Temperatur von 25 °C ist er auf einen Rollstuhl angewiesen. Die Klimakrise beeinträchtigt sein Leben erheblich. Österreich ist zum Schutz der Gesundheit vor massiven Umwelteinflüssen verpflichtet, aber seit Jahrzehnten kann der unzureichende Klimaschutz rechtlich nicht angefochten werden. Jetzt soll ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) das Recht auf Klimaschutz sicherstellen. Mit einer Rückmeldung vom EGMR wird 2023 gerechnet.

Klimaklagen in anderen Länder?

Die Zahl der Klimaklagen wächst weltweit und beträgt mit Jänner 2023 bereits 2.180 Fälle, davon zwei Drittel allein in den USA! Die Initiative „Climate Change Laws of the World“ listet alle auf. 57 Prozent der Klagen gehen mit positivem Ergebnis aus. Es kann angenommen werden, dass es künftig zu immer mehr Klimaklagen kommen wird. Sogar der Weltklimarat IPCC betonte in seinem Bericht, wie wichtig Klimaklagen für einen wirksamen Klimaschutz seien.

© https://climate-laws.org/#map-section

Aber zurück zu unserer aktuellen Klimaklage: Rechtlich unterstützt werden die mutigen jungen Menschen neben den Fridays for Future auch vom Verein CLAW – Climate & Law, der die organisatorischen und finanziellen Grundlagen für Klimaklagen schafft. Bitte spenden! Damit es nicht an den Kosten scheitert, ist es wichtig, diesen Verein finanziell zu unterstützen. Deine Spende ist daher hier wirklich gut in die Zukunft investiert!

Verein CLAW – Climate & Law

Website: https://www.climatelaw.at
E-Mail: office@climatelaw.at
Facebook: https://facebook.com/claw-climate&law

Manche werden sich fragen, warum wir Klimaklagen eigentlich brauchen. Der Verein CLAW hat hierzu sehr gute Antworten parat, wir erlauben uns, diese hier zu übernehmen:

Warum Klimaklagen?

Klimaklagen fordern mehr Klimaschutz vonseiten des Staates ein. Sie haben das Potenzial, auf verschiedenen Ebenen als Hebel zu wirken, um den Klimawandel und seine Auswirkungen zu bekämpfen. Denn ein klimaschädliches Rechtssystem verletzt Grundrechte und schadet schlussendlich auch der Wirtschaft. Es gibt kein Recht auf Klimaschutz und auf eine intakte Umwelt. Im Gegensatz wird klimaschädliches Verhalten noch mit Subventionen gefördert.

Rechtliche Durchsetzung

Klimaklagen können dazu beitragen, Verantwortliche zur Rechenschaft zu ziehen und sie zu zwingen, Emissionen zu reduzieren oder andere Maßnahmen zum Klimaschutz zu ergreifen.

Öffentliches Bewusstsein

Klimaklagen können dazu beitragen, die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit auf die Klimakrise zu lenken und die Dringlichkeit der Situation zu betonen.

Politischer Druck

Klimaklagen können politischen Druck erzeugen, indem sie politische Entscheidungsträger dazu verpflichten, Maßnahmen zum Klimaschutz zu ergreifen, um weitere Klimaklagen zu vermeiden.

Rechtliche Durchsetzung

Klimaklagen können dazu beitragen, Investoren und Finanzinstitute davon zu überzeugen, ihr Geld aus Unternehmen abzuziehen, die die Klimakrise verschärfen und stattdessen in klimafreundliche Unternehmen und Angebote zu investieren.

© CLAW – Climate & Law

Quellen:
  • https://www.diepresse.com/6254213/kinder-und-jugendliche-klagen-beim-vfgh-gegen-klimaschutzgesetz
  • https://www.moment.at/story/klimaklage-jugendliche
  • https://klimaklage.fridaysforfuture.at/
  • https://at.scientists4future.org/2022/03/15/klimaklagen-weltweit/
  • https://www.wwf.de/themen-projekte/klima-energie/weltweite-klima-klagen
  • https://www.faz.net/aktuell/wissen/erde-klima/liveticker-klima-zahl-der-klimaklagen-waechst-weltweit-18134531.html

Anmerkung der NiG-Redaktion:
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