Lösungen finden, die für alle passen
Convergent Facilitation (Konvergente Moderation) ist eine effiziente Moderations- und Entscheidungsfindungsmethode, die 2004 von Miki Kashtan auf der Grundlage der Gewaltfreien Kommunikation entwickelt wurde, um Gruppen – insbesondere mit sehr unterschiedlichen oder sogar gegensätzlichen Interessen – zu tragfähigen, gemeinsamen Lösungen zu führen. Im Unterschied zu klassischen Entscheidungsprozessen wie Mehrheitsentscheid, Hierarchie oder Konsensverfahren legt Convergent Facilitation den Fokus auf die Integration möglichst aller Bedürfnisse und Kriterien der Beteiligten von Anfang an.
Moderation ist die Kunst der Gestaltung eines Gesprächs. Sie hilft dabei, konstruktive, wertschätzende und strukturierte Diskussionen zu führen, in denen sich alle einbringen können.
Hintergrund
Miki Kashtan: „Wir leben in extremen Zeiten. Mit jedem Jahr werden die drängenden Probleme der Umweltzerstörung und des Ressourcenverlustes, von Krieg und Gewalt, von Armut und sozialer Ungleichheit sowie des individuellen Unwohlseins immer größer und dringender. Niemand allein wäre in der Lage, eines dieser Probleme zu lösen, denn selbst die mächtigsten Menschen auf der Welt verfügen einzeln nicht über genügend Weisheit und Wissen, um Lösungen ohne massiven Input von anderen zu finden, noch gibt es
jemanden, der über genügend Macht verfügt, um Lösungen einseitig umzusetzen – unsere Systeme sind einfach zu eng miteinander verwoben. Wir müssen zusammenkommen.
Gleichzeitig leben die meisten Menschen seit mehreren tausend Jahren in Gesellschaften und Institutionen, die zunächst auf der Grundlage von völligem Zwang und dann auf der Grundlage des subtilen Zwangs von Wettbewerb und Leistungsanreizen organisiert wurden. Unsere „Muskulatur“ der Zusammenarbeit ist fast verkümmert. Nicht gleichermaßen oder flächendeckend: Es gibt definitiv Bereiche von Einzelpersonen, Gruppen, Gemeinschaften und sogar Regionen auf der Welt, in denen Zusammenarbeit noch bekannt und praktiziert wird. Es gibt auch eine wachsende Entschlossenheit zur
Zusammenarbeit und eine wachsende Zahl von kleinen und großen Experimenten, von denen das vielleicht größte Wikipedia ist. Nichtsdestotrotz habe ich in jedem Land, in dem ich unterrichtet habe (und diese Liste ist lang), und in jedem Unternehmen, mit dem ich zusammengearbeitet habe, eine allgegenwärtige Unfähigkeit zur effektiven Zusammenarbeit festgestellt.“

Zentrale Merkmale dieser zusammenführenden Moderation:
- Bedürfnisorientierung: Vertrauensaufbau im Raum, damit die Teilnehmer*innen ihre wahren Anliegen äußern können. Der Prozess startet nicht mit Ideen oder Lösungsvorschlägen, sondern mit dem Sammeln aller relevanten Bedürfnisse, Werte und Kriterien der Beteiligten. Diese werden so formuliert, dass niemand einen Einwand dagegen hat – sie bilden das „Pflichtenheft“ für die spätere Lösungsfindung.
- Einbindung aller Perspektiven: Auch scheinbar unvereinbare Standpunkte werden ernst genommen und integriert, sodass alle Beteiligten sich gehört und wertgeschätzt fühlen. Dadurch wird Raum für Anpassungen und das Eintreten für andere geschaffen.
- Dreiphasiger Prozess:
- Sammeln der Kriterien: Was ist jedem/jeder wichtig? Prinzipien, Bedürfnisse, Wünsche und Träume.
- Lösungsvorschläge entwickeln: Welche Ansätze erfüllen möglichst viele der gesammelten Kriterien?
- Entscheidung: Die Gruppe wählt gemeinsam die Lösung, die am besten zu den Kriterien passt und möglichst breite Zustimmung findet.
- Moderation: Eine neutrale Person (Facilitator) strukturiert den Prozess, achtet auf die Einhaltung der Methode und sorgt dafür, dass alle Stimmen gleichwertig eingebracht werden können.
- „Willingness“-Prinzip: Es wird immer wieder die Bereitschaft aller abgefragt, ob sie mit der Lösung mitgehen können – Ziel ist eine Entscheidung, die alle „von ganzem Herzen“ mittragen können. Dabei spielt Ehrlichkeit eine große Rolle, damit niemand zuerst Kompromissbereitschaft bekundet und die Entscheidung später aber sabotiert.
Menschen kommen auf der Ebene ihrer grundlegenden Bedürfnisse, Prinzipien, Wünsche und Träume zusammen und nicht auf der Ebene ihrer oberflächlichen Positionen. Uneinigkeit über einzelne Positionen wird so in Übereinstimmung über Prinzipien umgewandelt. Damit kann sich die Gruppe auf die gemeinsame Problemlösung konzentrieren und verliert sich nicht in endlose Diskussionen und Konflikte.
Abgrenzung zu anderen Methoden:
Convergent Facilitation unterscheidet sich von anderen Methoden wie World Café oder Zukunftskonferenz, indem sie nicht primär auf Kreativität oder Ideenvielfalt, sondern auf die Klärung und Integration der Bedürfnisse fokussiert. Im Vergleich zur Konsent-Moderation arbeitet sie mit unterschiedlichen Schwellen für Einwände und legt besonderen Wert auf die Bereitschaft aller, die Lösung zu unterstützen.
Dynamic Facilitation und Convergent Facilitation sind beides Moderationsmethoden, die Gruppen bei der Lösungsfindung unterstützen, unterscheiden sich jedoch deutlich in Ansatz, Ablauf und Zielsetzung. Siehe dazu unseren eigenen Artikel: Dynamic vs Convergent Facilitation
Convergent Facilitation basiert auf den Prinzipien der Gewaltfreien Kommunikation und der Überzeugung, dass nachhaltige Lösungen nur entstehen, wenn die Bedürfnisse aller ernsthaft berücksichtigt werden. Die Methode ist besonders dann hilfreich, wenn klassische Entscheidungswege an ihre Grenzen stoßen und echte Beteiligung sowie tragfähige Ergebnisse gewünscht sind. Konvergente Moderation führt zu Entscheidungen, die Bestand haben, weil sie von allen uneingeschränkt unterstützt werden.
Anwendungsbereiche:
Die Methode eignet sich für kleine und große Gruppen, Teams, Organisationen, Unternehmen, Verwaltungen und sogar hochpolarisierte gesellschaftliche Gruppen. Sie wurde zB für Gesetzgebungsprozesse, Schutzkonzepte in Kitas oder die Entwicklung von Leitbildern eingesetzt. Konvergente Moderation eignet sich für schnelle Notfallmaßnahmen (Katastrophen wie zB Hochwasser oder eine Hitzewelle) aber auch für langfristige Team- oder Nachbarschaftsprojekte.
Zusammengefasst:
Convergent Facilitation ist ein strukturierter, moderierter Gruppenprozess, der durch konsequente Bedürfnisorientierung und Einbindung aller Perspektiven zu Entscheidungen führt, die von allen Beteiligten mitgetragen werden – auch und gerade bei komplexen oder konfliktbeladenen Themen.
Weitere interessante Beiträge auf unserer Seite:
- Dynamic Facilitation
- Dynamic vs Convergent Facilitation
- Convergent Facilitation
- Art of Hosting
Quellen:
- https://www.agonda.de/methoden/facilitation
- https://www.agonda.de/methoden/convergent-facilitation
- https://www.erzieherin.de/convergent-facilitation-am-beispiel-der-entwicklung-eines-schutzkonzeptes-in-einer-koelner-kita.html
- https://convergentfacilitation.org/
- https://www.gfk-lebensfreude.de/ressourcen/convergent-facilitation/
- https://thefearlessheart.org/store/the-highest-common-denominator/
- https://thefearlessheart.org/item/convergent-facilitation-primer-packet/
- https://pubs.lib.umn.edu/index.php/ijps/article/view/118/113
- https://www.youtube.com/watch?v=BajM9kLFpVY
- https://nvcacademy.com/downloadable-courses/convergent-facilitation-2018-download
- https://donalgannon.com/convergent-facilitation/
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