Wie Mobilität in Graz und der Steiermark gerechter und klimafreundlicher werden könnte

Nachhaltige Mobilität beginnt im Alltag – am Weg zur Arbeit, zur Ausbildung oder zum Amt. Graz hat in den letzten Jahren wichtige Initiativen gesetzt, etwa mit dem Ausbau des Straßenbahn- und Radnetzes, E-Bussen und attraktiveren Ticketangeboten. Doch echte Verkehrswende bedeutet mehr als punktuelle Maßnahmen. Denn auch in Graz gibt es noch deutlichen Verbesserungsbedarf – und außerhalb der Stadtgrenzen ist die Situation vielfach noch schwieriger.
Die Initiative GO RADMOBIL als Teil der Radverkehrsstrategie Steiermark 2025 „Starker Antritt“ sowie das Mobilitätsplan Graz 2040 zeigen gute Ansätze und viel Potential. Die Frage bleibt nach der Umsetzung.
Luftgüte bleibt eine Herausforderung
Die Luftqualität in Österreich hat sich in den vergangenen Jahren durch zahlreiche Maßnahmen verbessert. Dennoch ist die Belastung mit Schadstoffen aus gesundheitlicher Sicht weiterhin zu hoch (laut WHO-Empfehlungen) und auch im Hinblick auf die ab spätestens 2030 geltenden neuen Grenzwerte besteht Handlungsbedarf. Besonders der Verkehr trägt erheblich zur Luftverschmutzung bei.
Tempolimits und Fahrbeschränkungen sind laut Verkehrsclub Österreich (VCÖ) besonders wirksam, um die Luftverschmutzung zu senken. Eine Reduktion von Tempo 130 auf 100 km/h auf Autobahnen verringert Stickoxid-Emissionen (NOx) im Schnitt um 40 Prozent, Feinstaub (PM10) um 27 Prozent. In der Steiermark führte der „Luft-100er“ im Jahr 2023 zu messbaren Erfolgen: NOx ging um 9,5 %, Feinstaub um 10,6 % und CO₂ um 4,6 % zurück.
Auch Spritkosten lassen sich durch geringeres Tempo deutlich senken. 2023 sparten Autofahrer:innen allein in der Steiermark 5,7 Millionen Euro. Eine dauerhafte Einführung würde die Ersparnis verdoppeln.
Um die neuen EU-Grenzwerte ab 2030 zu erreichen, empfiehlt der VCÖ: Tempolimits beibehalten, gesetzliche Grundlage zur Einführung von Zero-Emission-Zonen nach niederländischem Beispiel zu schaffen, Öffi-, Rad- und Fußverkehr ausbauen und ältere Fahrzeuge durch saubere Alternativen ersetzen.
Kurz und knapp: Weniger Tempo bedeutet bessere Luft, weniger Emissionen und geringere Kosten – eine einfache Maßnahme mit großer Wirkung.
Graz: gute Ansätze, aber viele Lücken
Graz investiert in klimafreundliche Mobilität – etwa durch neue Straßenbahnen oder die Förderung aktiver Mobilität. Doch es gibt auch strukturelle Schwächen:
- Viele Stadtteile – etwa im Süden oder im Westen – sind noch immer nicht ans Straßenbahnnetz angeschlossen.
- Radwege sind oft lückenhaft, unübersichtlich oder führen über stark befahrene Straßen.
- Die Anbindung ans Umland und steiermarkweit ist unzureichend, was viele Pendler:innen weiterhin ins Auto zwingt.
Oft fehlen die Alternativen
Initiativen wie der Bicibus oder der Pedibus, wo organisierte Routen in die Schule gemeinsam mit dem Fahrrad oder zu Fuß zurückgelegt werden, sind außerordentlich begrüßenswert, dennoch bleibt das Auto vielerorts die einzige Option.
Hier fehlt eine landesweite Strategie, die Städte und Regionen verknüpft und nachhaltige Verkehrsformen gezielt fördert. Der VCÖ empfiehlt den raschen Ausbau von Radschnellverbindungen als zentrale Maßnahme der Mobilitätswende. In Österreich sind 61 % der Autofahrten kürzer als 10 Kilometer – vor allem in städtischen Einzugsgebieten liegt großes Potenzial für den Umstieg aufs Fahrrad. Zudem ist der Ausbau kosteneffizient: Für das Budget eines Autobahnkilometers lassen sich über 20 Kilometer Radschnellwege errichten. Ein Blick auf den Großraum Kopenhagen zeigt den Effekt: Zwischen 2009 und 2021 wurden dort 197 Kilometer Radschnellwege gebaut, was zu 23 % mehr Radverkehr führte – 14 % davon kamen direkt vom Auto.
Die Radlobby sieht ebenso einen großen Investitionsbedarf, um die angestrebte Verdoppelung des Radverkehrs zu erreichen. Dafür braucht es ein Bundesbudget und die Institutionalisierung statt unstetiger Bundesmittel. Für Rechtssicherheit und Planbarkeit, damit mehr Radverkehrsprojekte realisiert werden.
Was nötig wäre – konkret:
- Radschnellverbindungen, durchgängige Rad- und Fußwege, eine ambitionierte Öffi-Offensive und bessere Anbindung in die Bezirke.
- Regelmäßige, aufeinander abgestimmte Bus- und Bahnverbindungen, auch außerhalb der Pendelzeiten.
- Verbindliche Finanzierungsmodelle, klare Zuständigkeiten und Koordination über Gemeindegrenzen hinweg.
Zwei AUGE-Anträge mit klaren Vorschlägen
Von der AUGE/UG (Alternative, Grüne und Unabhängige Gewerkschafter*innen) Steiermark wurden bei Vollversammlung der Arbeiterkammer Steiermark im Mai 2025 zwei Anträge angenommen, die konkrete Verbesserungen anstoßen sollen:
Antrag: Lufthunderter muss bleiben!
- Wiedereinführung des Lufthunderters auf steirischen Autobahnen – als einfach umsetzbare Maßnahme zur Erhaltung und Weiterführung der Luftverbesserung.
- Entwicklung eines klimaverträglichen Mobilitätskonzepts für die ganze Steiermark, das zukunftsgerichtet auch die Luftqualitätsrichtlinie mit neuen Grenzwerten ab 2030 berücksichtigt.
Antrag: Nachhaltige Finanzierung von Fuß- und Radverkehrs-Infrastruktur
- Rechtliche Grundlagen für hochwertige Infrastrukturplanung und -bau sowie Wartung über mehrere Regierungsperioden hinaus
- Forderung nach einem eigenen Fuß- und Radverkehrs-Finanzierungsgesetz, um langfristige Planbarkeit und Verlässlichkeit für Gemeinden und Regionen zu schaffen.
Fazit
Der Weg zur Arbeit ist ein alltäglicher Vorgang – aber auch eine Chance: für bessere Luft, für weniger CO₂ und für eine gerechtere Mobilität. Graz und die Steiermark sind auf dem Weg, aber der Anspruch an Nachhaltigkeit braucht mehr als Pilotprojekte. Die beiden Anträge zeigen konkrete Hebel auf. Was es jetzt braucht, ist politischer Wille und langfristiges Denken – über Stadtgrenzen und Wahlperioden hinaus.
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