Klima-Update 04.12.2023


„Können wir mal aufhören, so zu tun, also ob die Dinge wie durch ein Wunder besser werden“, sagt Jonathan Franzen, „und zugeben, dass mit großer Wahrscheinlichkeit die Dinge ganz schnell viel schlechter werden?“ Franzen ist nicht nur ein großer Gegenwartsschriftsteller, er hat sich auch intensiv inhaltlich mit dem Klimawandel beschäftigt. Hier kommt unser Klima-Update vom 04.12.2023, mit Fakten, Infos & Geschichten als Einladung zu Information, Aufwachen, Handeln, Teilen oder Verwenden. Alle Folgen unserer Klima-Updates finden sich unter diesem Link. Wir sammeln für euch (fast täglich) die wichtigsten Themen rund ums Klima. Dabei darf natürlich auch Positives nicht zu kurz kommen. Was wir aber nicht tun: Durch falsche Hoffnung beruhigen und von der Dringlichkeit der Klimakrise ablenken. Hoffnung kommt nur durch Tun.

Ebenfalls mehr als nur einen Blick wert: unsere laufend aktualisierte Linksammlung zu vielen verschiedenen Medienberichten zu Klima, Energie und Nachhaltigkeit.

Auch sehr informativ: Auflistung der aktuellen weltweiten Extremwetterereignisse

Viele interessante Veranstaltungen gibt es in unserem Terminkalender, auch gut geeignet zum Kennenlernen Gleichgesinnter und zum Mut holen.

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1. 1,5 Grad ist tot: Ein offener Brief von 1.500 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler

Rund 1.500 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben einen offenen Brief unterzeichnet, dass „die öffentliche Aussage, dass 1,5 Grad noch schaffbar ist, nicht länger vertretbar ist.“ Die Mehrheit der Wissenschaftler geht davon aus, dass die Welt bis zum Ende des Jahrhunderts auf eine katastrophale Erwärmung von 3 Grad zusteuert.

Öffentlich weiterhin zu sagen, dass die 1,5°C-Marke immer noch am Leben sei, ist nicht mehr zu rechtfertigen, doch Politiker, führende Wissenschaftler und selbst die Umweltbewegung beharren darauf. Als Reaktion darauf werden umweltverschmutzende Industrien und politische Entscheidungsträger unbeabsichtigt dazu ermutigt, sich einer raschen Dekarbonisierung zu widersetzen.

Es muss die Wahrheit gesagt werden, um die radikalen Maßnahmen zu ergreifen, die jetzt erforderlich sind, um noch schlimmere Ergebnisse zu begrenzen.

Die Verfasser*innen des offenen Briefes erinnerten außerdem an das Russell-Einstein-Manifest von 1955, in dem die wissenschaftliche Gemeinschaft mobilisiert wurde und vor einem Atomkrieg warnte. => Offener Brief

2. Der Amazonas hat seinen Kipppunkt überschritten – der Kollaps läuft

Derzeit kollabiert gerade der Amazonas. Der Amazonas, der größte Regenwald der Welt, gilt unter Wissenschaftlern als Bollwerk gegen den Klimawandel, da seine dichte Vegetation Kohlenstoff aufnimmt und Sauerstoff abgibt. => Quelle

3. LARP – Live Action Role Playing

Wieder etwas gelernt, ich kannte den Begriff LARP noch nicht. Es handelt sich um ein Rollenspiel, mehr dazu auf Wikipedia. Sarah vom Grazer Ludovico hat auf Facebook Folgendes gepostet.

„Gestern wurde ich gefragt, welches LARP-Setting mich ansprechen würde und ich hab lange darüber nachgedacht, weil ich glaube, dass man viel über sich lernen kann, wenn man sich anschaut, was man sich wünscht, welche Bedürfnisse da mitreinspielen, was also dahinter steckt.

Mein großes Wunsch-Szenario:

Wir starten eine weltweite LARP und alle machen mit. Wir tun so, als hätten wir gerade realisiert, dass unsere Lebensgrundlage bedroht ist, als hätten wir verstanden, dass es nur gemeinsam und im Einklang mit der Natur, von der wir ein Teil sind, funktioniert, unser Überleben zu sichern und wir arbeiten daran. Und nicht nur das, wir überwinden unsere seelischen Verletzungen, werden stabile Individuen, die als Kollektiv Unterstützungssysteme etablieren, die ökosozial wirken und begegnen uns neugierig anstatt verängstigt. Wir lernen mit Konflikten und Problemen proaktiv umzugehen und Frust auszuhalten. Dissens wird als spannend und anregend wahrgenommen und man kann mit Ambiguitäten und unterschiedlichen Sichtweisen leben.

Und dann, ganz nebenbei merken wir, dass wir das auch ganz ohne LARP einfach so weitermachen können.“

Carsplaining: Wenn Autofahrer den Radfahrern erklären, wann es ihrer Meinung nach angemessen ist, mit dem Fahrrad zu fahren, und bei welchem Wetter man das gefälligst einzustellen hat.

Volker Plass via Twitter, 3.12.2023

4. Karoline Edtstadler zog Gewesslers Klimaplan-Entwurf zurück

Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne) hat im Oktober den Entwurf des nationalen Klima- und Energieplans (NEKP) nach Brüssel geschickt. Wie der „Kurier“ gestern berichtete, zog aber Europaministerin Karoline Edtstadler den Entwurf zurück. Denn dieser entspreche nicht der österreichischen Position.

Im „Kurier“ hielt das Ministerium von Gewessler fest, dass „selbstverständlich auch die anderen Ministerien“ beim NEKP eingebunden gewesen seien. Doch das Ministerium von Edtstadler habe der EU-Kommission erklärt, dass es sich nicht um den „österreichischen Entwurf“ handle. => Quelle

5. Klimaschutz ist Menschenschutz

Die Stabilisierung des Klimas müsste eigentlich Menschenschutz heißen. Nur globale Nullemission stoppt die Erderhitzung. Das 1,5-Grad-Limit ist tot. 1,5 Grad wärmer als vor der fossilen Indus­trialisierung hätte bedeutet, dass die Erderhitzung für einige Gegenden schlimm wird, aber für den überwiegenden Teil wohl erträglich. Das hätten wir mit überschaubarem Aufwand schaffen können – wenn die Weltgesellschaft rechtzeitig eine politische Lösung gefunden hätte. Haben wir aber nicht. => Quelle

6. Je mehr CO2, ums wirksamer wird es

Ein Team von Wissenschaftlern hat in einer Studie herausgefunden, dass Kohlendioxid zu einem stärkeren Treibhausgas wird, je mehr Kohlendioxid in die Atmosphäre gelangt. CO2 hat in der Stratosphäre einen sich selbst verstärkenden Effekt. Folge: „Future increases in CO2 will provide a more potent warming effect on climate than an equivalent increase in the past“ => Quelle (phys.org vom 30.11.2023)

7. Je mehr Klimakrise, desto mehr Verdrängung

Im Folgenden Auszüge aus dem Newsletter „Friedliche Sabotage“ von Tadzio Müller vom 10.3.2022, dessen Gedanken zum Klimakollaps (so seine, sehr plausible Bezeichnung für die Klimakrise) ich sehr schätze: „Texte über Klimakrise und Klimastrategie werden zunehmend ignoriert … wir wissen im Grunde alle, dass die Klimakrise eine akute, menschengemachte reale Bedrohung für die gesamte Menschheit darstellt und ein enorm ungerechtes Phänomen ist, also diejenigen, die am wenigsten dazu beigetragen haben, am meisten darunter leiden, und umgekehrt. … Wir können auf die steigende Menge an Klimainformationen nicht im rationalen Modus der „Verantwortung“ reagieren – im Sinne von: „Was passiert? Wie sind wir daran beteiligt? Was können wir tun, um dies zu ändern? Lasst es uns tun!“ – sondern bloß mit den äußerst irrationalen Affekten der Schuld und vor allem der Scham. …

Schuld und Scham irrationalisieren Subjekte (individuelle, oder kollektive). Je mehr Information auftaucht, die dem Subjekt zeigt, dass es sich nicht so verhält, wie die eigene Ethik es vorschreibt, desto mehr muss diese Information verdrängt werden, zumindest dann, wenn es nicht einfach und ohne große Kosten möglich ist, das eigene Verhalten anzupassen. Wird auf die Information nicht durch Anpassung oder Verdrängung reagiert, folgt die sog. „kognitive Dissonanz“, ein als äußerst unangenehm empfundener Gemütszustand, dem das Subjekt zu entkommen versucht, aber auch daran zerbrechen kann. Wird immer wieder und immer mehr mit Nachrichten oder Klimaaktivismus auf diese Schieflage hingewiesen, droht „die Rückkehr des Verdrängten“. Das gilt es zu verhindern.

Wenn Ignorieren nicht mehr reicht, dann muss man zB die Klimagerechtigkeitsbewegung oder alle Nachrichten zum Klimakollaps mit (verbaler oder auch körperlicher) Brutalität und Irrationalität bekämpfen. Je mehr Klimakrise, desto mehr Verdrängung. Je mehr Verdrängung, desto mehr Aktivismus, desto mehr Drohung der „Rückkehr des Verdrängten“, desto mehr Irrationalität und Brutalität. Das könnte bedeuten: Wir steuern auf eine immer irrationalere und brutalare geführte Klimadebatte zu. Ich glaube, dass noch kein Akteur der Klimabewegung diese Tatsache wirklich reflektiert, und in die eigenen Strategien eingebaut hat.“ => Quelle

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