Ausstellung Wilde Winkel

Wilde Winkel. Sich einwalden in der städtischen Welt


Bis 19. Oktober 2024 hat man in Graz noch die Möglichkeit, sich bei freiem Eintritt die sehr gelungene Ausstellung „Wilde Winkel“ anzusehen. Im Rahmen dieser Ausstellung und im Zuge des übergeordneten Netzwerkprojekts Das Grüne Band in Graz spüren Künstler:innen, Aktivist:innen, Forscher:innen und zahlreiche andere Akteur:innen am Beispiel Graz dem Natürlichen im Städtischen nach, suchen nach Spuren von Stadtnatur, nach Fährten von Vitalität und Wildnis.

Besonders im Fokus sind urbane Winkel, die nicht-menschliche Stadtbewohner:innen schaffen und beleben. Auf diese Nachbar:innen und Gefährt:innen will das Projekt aufmerksam machen, sie beobachten, benennen, Verwandtschaften aufzeigen und Bezüge der Fürsorge herstellen. Dass wir Menschen dabei auch immer wieder auf uns selbst stoßen, ist nicht überraschend. Die kommenden begleitenden Extra-Veranstaltungen sind (siehe rotor-Website):

  • Freitag, 13. September 2024, 19.00 Uhr: Fledermaus-Exkursion mit Anita Fuchs und Oliver Gebhardt
  • Donnerstag, 12. September 2024, 15.00 Uhr: Cyanotypie Workshop mit Naturmaterialien

Ausstellung Wilde Winkel

Bis 19. Oktober 2024, Eintritt FREI
< rotor > Zentrum für zeitgenössische Kunst, Volksgartenstraße 6a, 8020 Graz, Austria
Öffnungszeiten:
MO–FR 10:00–18:00 Uhr, SA 12:00–16:00 Uhr, MI BIS 22:00 UHR
An Sonn- und Feiertagen geschlossen
Website: www.rotor.or.at
Facebook: @rotor.contemporary.art
Instagram: @rotor.contemporary

Dialogführungen durch die Ausstellung für Schulklassen und andere Gruppen nach Voranmeldung:
rotor@mur.at, 0316/ 688306


Die „wilde Natur“ ist mitten unter den Stadtbewohner:innen. Immer wieder wurde davon berichtet, dass sich Wildtiere verstärkt in Stadträume aufgemacht haben. Größere und damit sichtbarere Tiere wagen sich vor in Bereiche, die sie bis dato gemieden haben. Aber ganz abgesehen davon umgibt die Menschen in den Städten eine reichhaltige wilde Natur, von Tieren und Pflanzen über Pilzen und Flechten bis zu Mikroorganismen.

Sich einwalden in der städtischen Welt

Der Begriff „sich einwalden“ stammt von Baptiste Morizot, der in seinem Buch Philosophie der Wildnis – oder – die Kunst, vom Weg abzukommen darüber schreibt: „Man geht in den Wald, und zugleich zieht dieser in uns ein. Sich einzuwalden erfordert keinen Wald im Wortsinne, sondern schlicht eine neuartige Beziehung zu lebendigen Territorien.“ Und er schlägt zur Verbesserung der Beziehungen von „menschlichen und nicht-menschlichen Tieren“ und aller anderer Lebensformen vor: „Wir müssen uns in die Perspektive der wilden Tiere, der kommunizierenden Bäume, der lebenden und arbeitenden Böden, der miteinander harmonierenden Pflanzen im permakulturellen Gemüsegarten hineindenken; wir sollten durch ihre Augen sehen, uns für ihre Sitten und Gebräuche sensibilisieren. Kennen wir erst ihre unerschütterlichen Sichtweisen auf den Kosmos, können wir unsere Beziehungen zu ihnen verbessern.“

Wilde Winkel

Ein weiterer Referenztext sind Gary Snyders Lektionen der Wildnis. Ebenso wie Morizot ist er ein passionierter Beobachter von Naturräumen, der zu ähnlichen Erkenntnissen gelangt: „Wildheit ist nicht auf die zwei Prozent amtlicher Wildnisgebiete beschränkt“. Vielmehr ist sie überall zu finden, wir Menschen sind davon umgeben, auch im urbanen Raum, denn „außergewöhnliche, komplexe Lebewesen bewohnen mit ihren Energie-Netzwerken die fruchtbaren Winkel der städtischen Welt“, und letztlich sind es „unausrottbare Pilzpopulationen, Moose, Schimmelpilze und Hefearten, die uns umgeben und in unserem Körper leben, Mäuse auf der Veranda hinter dem Haus, Hirsche, die über die Schnellstraße wechseln, Wildtauben im Park, Spinnen in den Ecken“.

Die Künstler:innen der Ausstellung

Francesca Aldegani • Kateryna Aliinyk • Nayari Castillo • Forest Encounters • Anita Fuchs • Lena Gätjens & Christina Helena Romirer • Simon Goritschnig • Christoph Grill • Kitti Gosztola & Bence György Pálinkás • GUKUBI MATO • Markus Hiesleitner • ILA • Isa Klee • Marianne Lang • Consuelo Méndez • Clara Oppel • Gernot Passath & Miro Schober • Nicole Pruckermayr • Coline Robin • Marina Stiegler • Helene Thümmel

Die Künstler:innen der Ausstellung verknüpfen ihre Arbeiten im Ausstellungsraum mit konkreten Orten im Stadtgebiet von Graz und visualisieren Geschichten von und in „wilden Winkeln in der städtischen Welt“. Sie folgen den unterschiedlichen Aktionsradien und Lebensweisen der anders als menschlichen Nachbar:innen und Gefährt:innen: Vögel, Füchse, Eidechsen, Fledermäuse, Würmer, Pilze, Neophyten, Wildkräuter, Samen etc., die sich in der Stadt verschieden schnell weiterentwickeln und bewegen und in unterschiedlichen Sphären zuhause sind, teils oberirdisch, teils unter der Erde, teils in der Luft, teils im Wasser. Das Zusammenleben der Spezies im urbanen Raum ist ein zentrales Motiv der künstlerischen Beiträge. Dem sensible Umgang mit den bestehenden lebendigen Territorien sowie dem Aufzeigen potenzieller neuer Lebensräume gilt ebenso das Augenmerk.

Das Grüne Band in Graz

Das der Ausstellung übergeordnete Netzwerkprojekt Das Grüne Band in Graz will grüne, natürliche, vitale Orte und ihre Bewohner:innen vom Leechwald bis zum Plabutsch, von Ost nach West oder umgekehrt, jedenfalls quer durch die Stadt Graz, gedanklich und formal verbinden und zugänglich machen. Eine “Linie”, ein “Transekt”, ein “Band” verbindet diese Orte sowie die dort liegenden Kunst-und Kulturinstitutionen und weitere Partner:innen, die eine Beziehung zu einem oder mehreren dieser Orte eingegangen sind oder eingehen, und so ihren Fokus auf Wildniszonen und vitale Orten in der Stadt richten.

Die Verbindung zwischen diesen Orten wird eine langsame, eine schlängelnde sein: eine mäandernde Fährtensuche, eine flanierende Passage, manchmal auch ein wilder Wechsel.

Zwischen Park und Fluss, zwischen grünen Flecken und Gärten, schattigen Brachen und Blühstreifen. Von allseits bekannten, geschätzten wie verrufenen zu verborgenen, vergessenen, verlorenen, geträumten Orten wilder Natur.

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