Klima-Update 23.11.2023

„Wir haben keine Zeit, untätig herumzusitzen, während unser Planet brennt. Für junge Menschen ist der Klimawandel größer als Wahl oder Wiederwahl. Es geht um Leben oder Tod.“ – Alexandria Ocasio-Cortez -Hier kommt unser Klima-Update vom 23.11.2023, mit Fakten, Infos & Geschichten als Einladung zu Information, Aufwachen, Handeln, Teilen oder Verwenden. Alle Folgen unserer Klima-Updates finden sich unter diesem Link. Wir sammeln für euch (fast täglich) die wichtigsten Themen rund ums Klima. Dabei darf natürlich auch Positives nicht zu kurz kommen. Was wir aber nicht tun: Durch falsche Hoffnung beruhigen und von der Dringlichkeit der Klimakrise ablenken. Hoffnung kommt nur durch Tun.

Ebenfalls mehr als nur einen Blick wert: unsere laufend aktualisierte Linksammlung zu vielen verschiedenen Medienberichten zu Klima, Energie und Nachhaltigkeit.

Auch sehr informativ: Auflistung der aktuellen weltweiten Extremwetterereignisse

Viele interessante Veranstaltungen gibt es in unserem Terminkalender, auch gut geeignet zum Kennenlernen Gleichgesinnter und zum Mut holen.

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1. Portugals Rekord in der Energiewende

Anfang November 2023 hat Portugal sechs Tage lang mehr Energie durch erneuerbare Energiequellen produziert, als es selbst benötigt hat. Den Überschuss von 262 Gigawatt exportierte man nach Spanien. Für die rund 10 Millionen Einwohnerinnen und Einwohner und auch Unternehmen hat Portugals Energiewende neben Versorgungssicherheit, Unabhängigkeit von anderen Ländern und Klimaschutz aber auch finanzielle Vorteile. Denn die Energiepreise fielen während dieser Rekordtage laut offiziellen Angaben von Energieversorgern „fast auf Null“. Wir haben darüber einen kurzen Beitrag verfasst. => Quelle

2. Die Geschichte eines besonderen Weinhangs eines besonderen Starwinzers in der Südsteiermark

Sehr interessant fanden wir die ausführliche Hintergrundgeschichte der Wiener Zeitung über den Starwinzer Manfred Tement. Er konnte einen Weinhang bzw einen Wald in Graßnitzberg trotz Warnungen von Gutachtern roden lassen. Nun rutscht der Hang. => Quelle Wiener Zeitung vom 15.11.2023

„… Ein Jahr später – im Dezember 2020 – passierte die Katastrophe. Der Hang rutschte mitsamt den Terrassen. Die Landstraße darüber wurde instabil, eine Spur musste gesperrt werden. Die Grünen forderten eine Untersuchung. Bundesrat Andreas Lackner bezeichnete den Rodungsbescheid als „verantwortungslos und grenzüberschreitend”. Es war erst der Anfang. Im Dezember 2022 sackte der Hang erneut ab. Nach starken Regenfällen im Mai 2023 kapitulierte er endgültig. Erdmassen, Asphalt, Schotter rollten den Weingarten hinunter. Sie schlugen eine Schneise der Verwüstung. Der Traum wurde zum Trauma. Wovor viele gewarnt hatten, trat ein.

Der Hangrutsch hätte verhindert werden können. Warnungen gab es genug. Sie finden sich ausgerechnet in jenem Dokument, das ihn verursachte – dem Rodungsbescheid der BH Leibnitz vom 14.11.2019. In das 35 Seiten starke Papier flossen Stellungnahmen und Gutachten ein.“

„Was die Expert:innen in ihren Berichten und Gutachten schrieben, war der Bevölkerung sonnenklar: Verschwindet der Wald, rutscht der Hang. Die Menschen kennen Grund und Boden. Sie haben ihn über Jahrzehnte bestellt. „Wenn die Wurzeln den schottrigen Boden nicht mehr zusammenhalten, wird er instabil”, sagt Gitta Rupp, selbst jahrelang Winzerin am Graßnitzberg. „Dafür brauche ich keine Wissenschaft. Wir haben nicht verstanden, warum die Behörde die Rodung der Waldfläche genehmigt hat.” Wolfgang Walther, grüner Gemeinderat in Straß, stimmt ein. „Es ist extrem steil hier. Was haben sie sich erwartet?”, fragt er.“

Die kuriose Begründung

Manfred Tement selbst wischte 2019 alle Bedenken vom Tisch. „So einen Blödsinn habe ich noch nie gehört. Die Gefahr einer Rutschung besteht eher, wenn wir den Hang nicht sichern”, sagte er gegenüber der Kleinen Zeitung. Viele glaubten ihm. Das Wort des Starwinzers hat Gewicht am Graßnitzberg. Bis heute schauen viele Winzer:innen zu ihm auf. „Ich finde es gut, dass er dort Wein anbauen will”, sagt ein Weinbauer, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen will. Im Akkord schenkt er Weißburgunder aus. Hinter der schweren Holzschank schwärmt er von den Plänen der Tements. „Das Projekt ist geil. Wir sind eine Weingegend, keine Waldgegend”, sagt er und öffnet eine neue Flasche. „Ich hätte es genauso gemacht, hätte ich die Möglichkeit gehabt. Aber ich hätte die Genehmigung nie bekommen.”

Die Tements schon. Die Begründung der Bezirkshauptmannschaft ist kurios. „Die Rodung dient der Erhaltung einer leistungsfähigen Landwirtschaft, weil dadurch der Anteil an Eigenflächen erhöht wird. So kann langfristig der Betrieb erhalten werden“, heißt es in der Stellungnahme der Agrarbezirksbehörde des Landes Steiermark. Der kleine Wald musste also gefällt werden, um das über hundert Hektar große Weingut der Tements zu retten? Die Behörde will mit der Wiener Zeitung nicht über die Causa sprechen.

Das Land Steiermark streitet nun mit Tements Anwalt, wer für den Schaden aufkommen muss. Es geht um mehr als eine halbe Million Euro.

Das Sterben der kleinen Winzer:innen

„Das Kapital verändert den Landstrich. Immer weniger Winzer:innen produzieren immer mehr Wein. Laut Statistik Austria gab es in der Steiermark im Jahr 2009 noch 2.478 Weinbaubetriebe, 2022 war es 1.888. Die kleinen Winzer:innen mit eigener Buschenschank sperren der Reihe nach zu. Sie braten keine Maronen mehr am Straßenrand, laden nicht mehr zur Weinlese ein, schenken keinen Wein mehr aus. Sie verpachten ihre wenigen Lagen, verkaufen sie an die großen Namen der Branche. Namen wie Tement. Die Wunde ist Symptom der Entwicklung. Sie ist Teil der Landschaft geworden. Eingebettet in einem Raster aus Wein. => Quelle & Mehr: Wiener Zeitung vom 15.11.2023

3. Wahlen in Argentinien

Argentiniens neu gewählter rechtspopulistischer Präsident Javier Milei ist zwar ein Abtreibungsgegner, ansonsten aber ein Verfechter von „Freiheit“ und Privatisierung und leugnet den menschengemachten Klimawandel. Beifall zum Wahlsieg kam von den ehemaligen rechtspopulistischen Präsidenten Brasiliens und der USA, Jair Bolsonaro und Donald Trump, mit denen Milei immer wieder verglichen wurde. Elon Musk, Unternehmer und Eigentümer des sozialen Netzwerks X, twitterte: „Der Wohlstand kommt nach Argentinien“.

Als erste Maßnahme kündigte Milei die Privatisierung von Staatsbetrieben und dem öffentlichen Rundfunk an. „Alles, was in den Händen des privaten Sektors sein kann, wird in den Händen des privaten Sektors sein“, sagte der Politiker einem argentinischen Radiosender.

Dabei steht Argentinien vor gewaltigen Herausforderungen: Die drittgrößte Volkswirtschaft Lateinamerikas steckt in der schlimmsten Wirtschaftskrise seit Jahrzehnten, die jährliche Inflation liegt derzeit bei 143 Prozent, mehr als ein Drittel der knapp 47 Millionen Menschen leben unter der Armutsgrenze. 

Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir warnte indes vor den Folgen für das geplante EU-Handelsabkommen mit den Mercosur-Staaten. „Das Umfeld wird schwieriger“, sagte Özdemir am Rande eines Landwirtschaftsministertreffens in Brüssel. Der Populismus steige in Lateinamerika wie in Europa. Die Argentinien-Wahl zeige, „dass wir uns beeilen müssen“, sagte Özdemir weiter. „Wenn wir als Europäische Union uns nicht kümmern um Brasilien, um die Mercosur-Staaten, um den Regenwald dort, dann werden es andere machen, mit einer anderen Agenda“, betonte er. => Quelle (Tagesschau, 20.11.2023)

4. Good News: Einige britische Universitäten werden fleischfrei!

Studierende der Universität Warwick stimmten gemeinsam mit denen der Universitäten Stirling, Cambridge, Kent und Birmingham für 100% pflanzliche Menüs an ihren Unis. Die Entscheidung zielt darauf ab, die Klimakrise durch gesunde, nachhaltige und inklusive Mahlzeiten zu bewältigen. Die vollständige Änderung wird im Studienjahr 2027–2028 in Kraft treten, wobei zwischen 2024 und 2025 50 % der Speisekarte von Warwick auf pflanzlicher Basis basieren werden. => Quelle

5. Good News: EU-Parlament stimmt für Recht auf Reparatur

Das EU-Parlament hat seine Position zum geplanten Recht auf Reparatur beschlossen. Garantiezeiten von Geräten werden verlängert, Reparaturen günstiger und Ersatzteile einfacher verfügbar. „Nach Berechnungen der EU-Kommission fallen jedes Jahr rund 35 Millionen Tonnen Abfall an. Allein deswegen, weil Produkte viel zu früh weggeschmissen werden, statt repariert zu werden“, sagt der Europaabgeordnete René Repasi von der SPD. Hersteller und Händler müssen darauf achten, dass ihre Produkte reparaturfreundlich gestaltet sind.  Der Einbau von Ersatzteilen muss möglich sein, sofern das nicht mit zu hohen Kosten verbunden ist. Nach der Abstimmung müssen sich Parlament und Länder noch auf die finale Fassung des Gesetzes einigen. => Quelle

Anmerkung der NiG-Redaktion:

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