Warum manche Gefahren früher spüren …
Ich frage mich oft, warum der Großteil meines Umfeldes trotz der furchtbaren Zukunftsaussichten einfach weitermachen kann wie bisher. Wie schaffen sie es, all die Warnzeichen zu übersehen oder auszublenden? Viele verdrängen, belügen oder betäuben sich – bewusst oder unbewusst. Damit müssen sie den Weltschmerz nicht fühlen, der mich begleitet.
Seit Jahren begleitet mich dieses Gefühl, dass es so nicht weitergehen kann – dass unsere Welt, geprägt von wachsender Ungleichheit, Ressourcenraubbau und ökologischer Verwüstung, sich in eine unausweichliche Richtung bewegt. Ich spüre diesen Druck körperlich und psychisch. Und ich frage mich: Warum spüren einige Menschen diese Entwicklungen früher und intensiver, während die Mehrheit scheinbar unberührt bleibt?
Es gibt wohl keine einfache und schon gar nicht richtige Antwort – aber es gibt wahrscheinlich Muster. Ich habe ChatGPT gefragt und ergänze meine eigenen Gedanken dazu.
1. Psychologische Sensibilität: Wer tiefer fühlt, sieht mehr
Hochsensible Menschen: Frühwarnsysteme der Gesellschaft?
Manche Menschen verarbeiten Eindrücke tiefer und feiner. Diese hohe Sensibilität bedeutet:
- sie bemerken Veränderungen eher,
- sie reagieren emotional stärker auf Ungerechtigkeit oder Umweltzerstörung,
- sie spüren Disharmonien im gesellschaftlichen Gefüge intensiver.
Solche Menschen nehmen klimatische und soziale Verwerfungen oft nicht nur wissend, sondern fühlend wahr.
Dissonanzintoleranz: Der Preis der Ehrlichkeit
Für einige ist es kaum möglich, sich selbst anzulügen oder Widersprüche (kognitive Dissonanzen) auszublenden. Wenn sie erkennen, dass:
- die Klimakrise eskaliert,
- die Politik unzureichend reagiert,
- Gesellschaft und Wirtschaft weiter konsumieren, als gäbe es kein Morgen,
dann können sie nicht einfach zurück in die Komfortzone. Sie müssen sich mit der Realität auseinandersetzen.
Risikosensitivität: Das innere Frühwarnsystem

Manche Menschen haben eine natürliche Neigung zur Gefahrenfrüherkennung. Sie reagieren nicht panisch – sondern präventiv. Gesellschaften profitieren enorm von ihnen, hören ihnen aber traditionell selten rechtzeitig zu.
Eigene Anmerkung: Dem kann ich gefühlsmäßig voll und ganz zustimmen. Als hochsensibler Mensch nehme ich Gefühle anderer zB intensiv wahr (während andere sagen „ich habe nichts bemerkt“), Gruppen in denen schwierige Personen teilnehmen, sind daher eine einzige Qual für mich, ich spüre auch unausgesprochene Emotionen. In meiner leider nicht rosigen Kindheit musste ich zudem lernen, „Gefahr rechtzeitig zu spüren“ und musste mich auf diese Einschätzung verlassen können. Diese Fähigkeit konnte ich täglich üben. Bezüglich Kollaps habe ich jetzt das dringende Gefühl, andere zu warnen – die Erfolglosigkeit ist schwer auszuhalten. Als Gerechtigkeitsfanatikerin kann ich die Ungerechtigkeiten dieser Welt auch nicht verdrängen.
2. Biografie: Wer Krisen kennt, erkennt Muster
Persönliche oder gesellschaftliche Krisenerfahrungen
Menschen, die erlebt haben, wie Systeme scheitern – sei es durch Krieg, Armut, Naturkatastrophen oder persönliche Tiefpunkte –, sind weniger anfällig für die Illusion der Stabilität. Sie wissen: „Nur weil etwas immer so war, heißt das nicht, dass es bleibt.“ Wer in frühen Lebensjahren erlebt hat, dass Systeme oder Familienstrukturen instabil sein können, entwickelt ein „inneres Frühwarnsystem“. Das ist kein Defekt – es ist eine adaptive Überlebensstrategie.
Genetik oder Erziehung?
Menschen mit:
- hoher biologischer Sensitivität,
- starker Empathie,
- reflektiver Erziehung,
- oder früh erlebter Instabilität
erkennen Muster und Risiken früher, weil ihr Gehirn und ihre Psyche stärker auf Ungleichheiten, Disharmonien und Bedrohungen reagieren.
Nicht jeder möchte das spüren. Nicht jeder kann das spüren.
Nähe zu Natur und Ökosystemen
- Wer den Wald seit Jahrzehnten kennt, spürt den Unterschied.
- Wer mit Bauern spricht, hört von Ernten, die ausfallen.
- Wer in einer schnell erwärmten Stadt lebt, merkt die zunehmende Hitze.
Nähe schafft Wahrnehmung – Distanz schafft Blindheit.
Wissenschaftliche Denkweise
Menschen, die Daten nachvollziehen, Trends erkennen oder sich analytisch informieren, stoßen zwangsläufig auf eine unbequeme Wahrheit: Die Krise ist real, skalierend und wissenschaftlich unstrittig.
Und sie ist schneller, als wir handeln.
Eigene Anmerkung: Nochmals zu meiner unerfreulichen Kindheit bzw Jugend: Scheitern und Verluste waren mein täglicher Begleiter. Dass dennoch immer wieder Menschen auf meinem Weg für mich da waren, hat wohl zu meiner Resilienz geführt (dafür bin ich von Herzen dankbar!). Ich lese viel, nehme vieles auf und bilde meine eigene Meinung, hinterfrage sie aber und kann sie auch ändern. Ich höre mir andere Meinungen an, reflektiere und zweifle an mir. Anerkenne meine Grenzen und eigene Fehlbarkeit. Außerdem vertraue ich der Wissenschaft.
3. Soziologische Faktoren: Die Kraft der Normen
Menschen, die außerhalb der Norm leben
Wer ohnehin nicht tief in gesellschaftliche Erwartungen eingebettet ist – weil er alternative Lebensstile pflegt, Außenseitererfahrungen hat oder institutionell unabhängig ist – kann unangenehme Wahrheiten leichter akzeptieren. Für sie steht weniger auf dem Spiel.
Reflexionsbereitschaft und kritisches Denken
Manche Menschen hinterfragen selbstverständlich:
- Konsum,
- Wachstumslogik,
- Statussymbole,
- gesellschaftliche Narrative.
Sie nehmen das System nicht als gegeben hin und erkennen daher seine Bruchstellen früher.
Eigene Anmerkung: Ja, auch diese beiden Punkte kann ich nachvollziehen und finde mich darin in Ansätzen wieder. Menschen, die zB voll damit beschäftigt sind, Karriere zu machen und das System so viel als möglich zu melken, werden sich – bewusst oder unbewusst – so lange als möglich dagegen wehren, dass ebendieses dem Ende zugeht. Meine ersten vorsichtig formulierten Einwände, dass dieses kapitalistische System uns nicht gut tun kann und zum Scheitern verurteilt ist, liegen daher sicher schon fast zwei Jahrzehnte zurück (und wurden mit der „Neidkeule“ jeweils rasch beendet).
4. Warum die Mehrheit blind bleibt
Es ist kein Versagen – es ist Psychologie.
a) Selbstschutzmechanismen
Die Wahrheit über den Klimakollaps ist schwer auszuhalten – im Prinzip stirbt unser Weltbild einer Zukunft, die uns versprochen wurde und wir unseren Kindern versprochen haben. Deshalb nutzt das menschliche Gehirn:
- Verdrängung,
- Optimismus-Verzerrung,
- Normalitäts-Verzerrung („Es wird schon nicht so schlimm werden“),
- Kontrollillusion („Technologie wird uns retten“).
Diese Mechanismen sind evolutionär tief verankert und hoch wirksam. Gerne dazu die eigenen verlinkten Artikel auf unserem Blog lesen!
b) Leistungsdruck und Alltagspanzerung
Viele Menschen sind zu gestresst, um sich existenziellen Themen zu widmen. Wer im Hamsterrad läuft, hat keine Energie für Krisenbewusstsein. Psychologische Überlastung führt zu emotionaler Taubheit.
c) Soziale Nachahmung
Ein Grundprinzip der menschlichen Natur lautet: „Wenn alle anderen so leben, kann es nicht falsch sein.“
Dieses Mitläufertum gab es schon in früheren Zivilisationen – bis zu deren Kollaps. (Der Bystander-Effekt)
d) Ideologische oder wirtschaftliche Interessen
Wachstumslogik, neoliberale Narrative oder politische Filterblasen funktionieren als Realitätsabschirmung.
Sie halten die Illusion am Leben.
Eigene Anmerkung: Ja, ja, ja und ja! I feel it!
5. Der Kassandra-Effekt: Wenn Warnungen verhallen
Viele Menschen, die klimabewusst oder kollapsbewusst werden, erleben etwas Archetypisches:
Sie warnen – und werden ignoriert, belächelt oder pathologisiert. So erging es Kassandra in der griechischen Mythologie, und so ergeht es modernen „Frühfühlern“ der Klimakrise. (=> Die Geschichte der Kassandra)
Später zeigt sich, dass die Warnungen berechtigt waren. Aber dann ist es meist zu spät, um gegenzusteuern.
6. Fazit: Es ist kein Fehler, sensibel zu sein – sondern ein Signal
Menschen, die Kollapsdynamiken früher spüren, sind nicht „überempfindlich“.
- Sie sind nicht „pessimistisch“ oder „übertrieben“.
- Sie nehmen ernst, was real ist.
- Sie sehen und verstehen die Zusammenhänge unserer Systeme, in denen wir leben.
- Sie fühlen, was andere nicht wahrnehmen können oder wollen.
- Und sie können – so schmerzhaft es ist – zu wichtigen Stimmen in einer Zeit der Verdrängung werden.
Vielleicht ist das frühe Spüren keine Schwäche.
Vielleicht ist es ein Beitrag zum Überleben.
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