Mehr Zeit für uns – mehr Platz für die Natur
Wieder mal gute Vorsätze für das neue Jahr gefasst, die man dann doch nicht umsetzt? Ja, ja, auch aus eigener Erfahrung weiß ich, dass zwar die Absicht da ist, die Umstellung aber sehr schwerfällt und oft einfach die Umstände gegen uns sind 😉. Einen Vorschlag hätte ich da allerdings: nämlich sich vorzunehmen, der Natur mehr Platz in unseren Gärten zu geben und das ist wahrlich keine Hexerei! Indem man nur einige Punkte beachtet, hat man plötzlich einen fantastischen, chemiefreien Naturgarten – und das Beste dabei: auch gleich viel mehr freie Zeit gewonnen. Eine echte Win-Win Situation! Du fragst dich jetzt vielleicht: Wie soll denn das gehen? Wie soll ich anfangen? Ganz einfach – indem man einfach mal nichts tut – nämlich im Garten!
Unordnung darf sein
Je mehr wuchernde Unordnung in unseren Gärten Platz hat, je mehr wir der Natur (fast) freie Hand lassen, desto vielfältiger wird unsere Umgebung wieder werden – praktisch wie von selbst (naja, nicht ganz wie von selbst …). Denn die Natur ist von Natur aus unordentlich, und doch hat alles einen tieferen Sinn, eine Bedeutung, einen Zusammenhang. In ihr findet man keinen getrimmten Rasen, keine freien Bodenflächen, es herrscht die Vielfalt, die Üppigkeit, jeder cm wird für Wachstum genutzt.
Das ist jetzt keine Aufforderung, deinen Garten in einen Urwald umzuwandeln, aber mit mehr Naturnähe ist schon viel getan, denn für viele Tiere wird es immer schwerer, sich zu vermehren, zu nisten, zu essen und über den Winter zu kommen. Durch einfache Maßnahmen, die dir häufig sogar mehr Zeit für dich selbst verschaffen, kannst du deinen Garten zu einer grünen Insel umgestalten, mit vielen Angeboten für Tiere aller Art, wie Bienen, Hummeln, Schmetterlinge, Igel, verschiedene Wildbienenarten, Fledermäuse, Amphibien und Vögel.
Ein erster Schritt ist es, den Garten im Herbst nicht radikal aufzuräumen, nicht alles Laub und dürres Pflanzenmaterial zu entfernen. Das Laub kann man unter Hecken verteilen und in einem geschützten Bereich einen Laubhaufen, mit Ästen beschwert, liegen lassen (ein Igel könnte sich darüber freuen). Stauden nicht abschneiden, Gräser zusammenbinden, abgestorbene Stängel von Brombeeren, Himbeeren, Brennnessel, Sonnenblumen oder Schilf stehen lassen. In diesen trockenen abgestorbenen Pflanzenteilen finden viele Tiere ein Winterquartier und Nahrung, wie zB Vögel die trockenen Samenstände. Erst im Frühling so spät als möglich entfernen.
Das wilde Eck
Als nächsten Schritt kannst du in deinem Garten ein „Wildes Eck“ schaffen. Dort wird nicht gemäht; richte einen Totholzhaufen ein. (Totholz: alte Äste, Stücke von Stämmen, Wurzelstöcke, abgeschnittene Zweige einfach auf einen Haufen werfen und ungestört liegen lassen). Bevorzugter Lebensraum von bestimmten Arten von Wildbienen und Käfern). Auch aufgeschichtete Steine, Ziegel oder zerbrochene Tontöpfe passen hierhin, eine kleine Trockenmauer an einem sonnigen Platzl, vielleicht siedelt sich auch noch eine Brennnessel an – und fertig ist die „Gstettn“ (wie man auf gut steirisch sagt 😊). Anschließend gilt auch für diesen Bereich – nichts tun! Je ungestörter das wilde Eck bleibt, desto wohler fühlen sich die Tiere.
Gras, Wiese oder Rasen?
Ein weiteres „Nichts-Tun“ betrifft das Gras: manche Gärten sind so geschniegelt und gestriegelt, dass zwischen Rosenbeet und Thujenhecke die Vielfalt keinen Platz mehr hat. Kommt dann auch noch der Rasenmähroboter ums Eck, wird der Garten endgültig zur Todeszone.
Klar ist: man braucht Bereiche mit kurzem Gras für Kinder, Liegestuhl und Picknickdecke, aber was spricht dagegen, den Rest ungemäht zu lassen oder nur Wege auszumähen? In kurzer Zeit hast du eine wunderbare Wiese, die deinen Garten unglaublich bereichert. Die langen Halme schwingen im Wind hin und her – und du liegst im Liegestuhl, lauscht dem Zirpen der Grillen, dem Summen der Bienen und dem Zwitschern der Vögel -Zeit dazu hast du nun, du brauchst ja nicht mehr zu mähen!
Vorteile des Nicht-Mähens:
- Benzin- oder Stromersparnis
- mehr Freizeit
- Wasserersparnis
- mehr Artenvielfalt im längeren Gras möglich (allerdings ist das jetzt noch keine Wildblumenwiese und keine Magerwiese, doch Wiesen sind generell ökologisch wertvoller als kurzer Rasen)
- Überraschungen aller Art, wenn du entdeckst, was in deiner Wiese alles wächst (1-2x mähen / Jahr reicht, Mähgut zum Mulchen oder für den Kompost verwenden).
Komposthaufen
Da sind wir schon beim nächsten Punkt – Der Komposthaufen! Es gibt keinen herrlicheren Selbstbedienungsladen für Mikroorganismen, Würmer, Insekten und ihre Eier, Puppen, Larven. Abfalltechnisch ein Hit, nimmt er doch deinen gesamten Bio-, Gartenabfall und Grünschnitt auf und wandelt alles in wertvolle Komposterde für deinen Garten um.
Die Erde – ein Hoch auf die Grabegabel!
Und wenn wir schon bei Erde sind … versuch doch mal, deine Gartenbeete nicht umzustechen, so wie es früher üblich war (außer die Erde ist wirklich sehr derb und verdichtet). Durch das Umstechen bringt man im wahrsten Sinne des Wortes das Unterste zuoberst – nämlich die Bodenlebewesen. Tierchen, die gerne im Dunkeln unauffällig ihre wichtige Arbeit verrichten, finden sich plötzlich im grellen Tageslicht wieder. Für Mikroorganismen und Kleinstlebewesen, die eher die Oberfläche bevorzugen, tut sich der Erdboden auf und sie sind in tiefste Tiefen geworfen. Beide Gruppen können ihrer wichtigen Tätigkeit- den Boden zu bearbeiten- nicht mehr richtig nachkommen. Deshalb lieber eine Grabegabel verwenden, um das Gartenbeet zu lockern. Unbedeckten, nackten Boden vermeiden. Auch in der Natur trifft man kaum kahle Böden an.
Mulchen
Mulchen heißt das Zauberwort und es zaubert tatsächlich hochaktives Leben in deine Beete. Dabei bedeckst du die nackte Erde zwischen den Pflanzen mit organischem Material, wie Grasschnitt, Biofaser, Schafwolle, Laub, Stroh etc. (es gibt nur wenige Pflanzen, die mit dem Mulch keine Freude haben z.B. Zwiebel, Rosen und zarte, frisch aufgegangene Pflänzchen). Eine besonders wertvolle Unterstützung deiner Pflanzen ist eine Mulchschicht aus Brennnessel- und/oder Beinwellblättern.
Vorteile des Mulchens
- Beikräuter werden unterdrückt – weniger jäten
- Feuchtigkeit wird besser im Boden gehalten, der Boden trocknet nicht so schnell aus – weniger gießen
- Mulchmaterial ist Nahrung für unseren Boden, er wird durch Bodenlebewesen zersetzt und in Nährstoffe umgewandelt, die Erde wird fruchtbarer, dadurch besseres Pflanzenwachstum; freu dich über stärkere, widerstandsfähigere Pflanzen und einen tollen Ertrag!
Ein kleines „ … aber“ möchte ich doch hinzufügen: Während langer Regenperioden könnte Grasmulch zu faulen beginnen und auch Schnecken könnten stärker davon profitieren.
Wasser
Im Naturgarten sollte auch Wasser eine Rolle spielen, aber keine Angst – du musst jetzt nicht den halben Garten umgraben, um einen Teich anzulegen. Eine Wasserstelle in einem Steintrog, einer alten „Lavour“ vom Flohmarkt oder einfach flache Untersetzer aufzustellen, von einigen Steinen umgeben, reicht schon. Regelmäßig das Wasser erneuern und auf die Ausstiegshilfen für Nichtschwimmer nicht vergessen – größere Steine oder ein Brett hineinlegen. Falls es dir möglich ist, verwende gesammeltes Regenwasser zum Gießen, aufgefangen in (mehreren) Regentonnen.
Die Pflanzenwahl
Last but not least und vielleicht das Wichtigste – mit welchen Pflanzen unterstützt du die Artenvielfalt in deinem Garten am besten.
Hast du Platz für eine naturnahe Hecke, in der Vögel Nahrung, Brutmöglichkeit und Verstecke finden, bieten sich folgende Pflanzen an: Holunder, Zierapfel, Vogelbeere, Weißdorn, Hundsrose, Dirndlstrauch, Mahonie, Schneebeere, Duftheckenkirsche, Haselnuss; als Baum Linde, Weide, Apfelbaum. Auch wenn du nur einen oder zwei davon setzt, ist schon viel getan, vielleicht im Tausch gegen deine alte Forsythie 😊. Was noch hinzu kommt – auch du selbst profitierst von diesen Büschen durch Beeren, Nüsse und eine flammende Herbstfärbung.
Versuche mit ein- und mehrjährigen Blühpflanzen all den Bienen, Hummeln, Schmetterlingen, Wildbienen von Frühling bis Herbst den Tisch zu decken. Bei dieser großen Auswahl heimischer Pflanzen ist bestimmt auch für dich etwas dabei: Winterling, Blaustern, Ginster, Löwenzahn, kriechender Günsel, alle Arten von Glockenblumen, Salbei, Beinwell, Thymian, Scharfgarbe, Kugeldistel, Phacelia, Ysop, Borretsch, Katzenminze, Sonnenblumen, Karde, Storchenschnabel, Lavendel, Oregano, Dost, Ziertabak, Kapuzinerkresse, Fetthenne, Himbeere, Brombeere, offene Dahlien (generell ungefüllte Blüten wählen) und natürlich die Brennnessel, die ca. 50 verschiedenen Schmetterlingsarten zur Eiablage dient. Auch hier der Vorteil, dass viele Heilkräuter dabei sind, die du für dich selbst verwenden kannst – die Insekten teilen sie gerne mit dir! Unproblematisch, Geld- und Kraft sparend sind vor allem Pflanzen, die jedes Jahr verlässlich wiederkommen, tüchtige Selbstaussäer wie z. B. Ringelblume, Königskerze, Muskatellersalbei, Akelei, Malven, Nachtkerzen, Mondviolen. Oder blühende winterharte Stauden wie Sonnenhut, Phlox, Schwertlilien, Fette Henne, Herbstastern, Herbstanemonen und viele mehr.
Wildbienennisthilfe
Unsere summenden, brummenden, krabbelnden Gartenbewohner durchlaufen in ihrer Entwicklung verschiedene Stadien und egal, ob Ei, Larve, Puppe, Raupe oder ausgewachsenes Tier, sie alle brauchen eine passende natürliche und giftfreie Umgebung, mit vielen Verstecken, mit vielen Wohnmöglichkeiten, mit einem ausreichendem Nahrungsangebot. Heimische Insekten bevorzugen heimische Pflanzen (manche Wildbienen sind vom Vorkommen einer einzigen Pflanze abhängig), eingeschleppte Tiere und Gewächse können schnell zum Problem werden. Mit einer Wildbienennisthilfe (Insektenhotel ist ein gebräuchlicher, aber nicht korrekter Name dafür) hast du schon einen riesigen Beitrag dazu geleistet. Doch ACHTUNG – fast 90% aller im Handel angebotenen Nisthilfen sind ungeeignet, ja oft sogar total schädlich.
Hier viel Wissenswertes zum Bau von Nisthilfen (Österreichische Naturschutzjugend, Dienstleistungsgesellschaft Weiz, Karl Franzens Uni Graz – Institut für Biologie):
JEDER m² ZÄHLT!
Wenn du die Nützlinge in deinem Garten unterstützt, helfen sie dir als Schädlingsbekämpfer und übernehmen auch die so wichtige Bestäubung von Pflanzen und Bäumen. In bestimmten Regionen von China gibt es durch massivsten Pestizideinsatz keine Bienen mehr und die Bestäubung von Obstbäumen findet tatsächlich durch Billigarbeitskräfte statt. Gerade weil es um uns herum anstatt natürlicher Wiesenflächen immer größere Monokulturen gibt, die mit Pestiziden und Kunstdünger behandelt werden, sollten wir wo immer wir können, grüne Oasen der Vielfalt schaffen.
In unserer Umwelt haben alle Tiere und Pflanzen eine wichtige Rolle. In der Natur ist alles miteinander verbunden, fällt nur ein Glied weg, kann das fatale Folgen haben und einen richtigen Erdrutsch im Ökosystem auslösen. Deshalb – entscheiden wir uns doch ach im neuen Jahr – für die Natur!
Quellen:
- Dave Goulson: Wildlife Gardening
- wiener umwelt anwaltschaft, wua-wien.at
- Smarticular.net
- Und vielen Dank an Dr. Gernot Kunz, Institut für Biologie, Karl Franzens Universität Graz für seine wertvollen Informationen.
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