Versauerung der Ozeane


Es besteht wissenschaftlicher Konsens darüber, dass die vom Menschen verursachten (Kohlendioxid) CO2-Emissionen als Hauptursache des Klimawandels gelten. Durch die Verbrennung fossiler Brennstoffe, unseren ausgiebigen Lebensstil sowie aufgrund der enormen Waldzerstörung gelangt das schädliche CO2 zusammen mit weiteren Treibhausgasen wie Methan, in die Atmosphäre. An und für sich ist CO2 ja eigentlich nicht schädlich, sondern sogar nützlich, aber nur, solange nicht zu viel davon frei gesetzt wird (siehe auch unseren Beitrag „Treibhauseffekt„). Und hier liegt „unser Problem“: Seit der Industriellen Revolution und dem Verbrennen fossiler Energiequellen wie Kohle, Erdöl und Erdgas hat der CO2-Ausstoß massiv zugenommen. Dadurch steigt nicht nur der CO2-Gehalt in der Atmosphäre, sondern auch die Ozeane, Böden, Moore und Pflanzen nehmen mehr davon auf. Sie sind sogenannte CO2-Speicher oder werden auch CO2-Senken genannt und mildern die globale Erwärmung. Ozeane speichern 20 Mal mehr CO2 als Pflanzen und Böden. Was passiert aber, wenn die Ozeane immer mehr vom sauren Gas Kohlendioxid aufnehmen, weil – durch den Menschen in den letzten beiden Jahrhunderten verursacht – immer mehr CO2 in der Atmosphäre konzentriert ist? Es kommt zur Versauerung der Ozeane.

Kurzer Ausflug in die Chemie

„Der pH-Wert (potentia Hydrogenii) ist ein Maß für den sauren oder basischen Charakter einer wässrigen Lösung.“ (Wikipedia) Die Skala geht dabei von 0 bis 14.

  • pH-Wert bis 7: sauer
  • pH-Wert von 7: neutral
  • pH-Wert von mehr als 7: basisch oder alkalisch

pH-Wert der Ozeane – historisch und allgemein

Reines Trinkwasser ist zB neutral. Das Wasser der Ozeane ist dagegen seit mehreren Millionen Jahren im globalen Schnitt mit einem pH-Wert von 8,2 leicht basisch. Dieser Wert sank die letzten 200 Jahre (also seit Beginn der Industrialisierung) auf 8,1 ab, weil rund ein Viertel des zusätzlich durch uns Menschen in die Atmosphäre gelangten CO2 von den Meeren aufgenommen wurde. Ohne die Ozeane als CO2-Speicher wäre die Treibhausgas-Konzentration in der Atmosphäre und auch der Temperaturanstieg auf der Erde noch viel höher. Daher betrifft uns die Versauerung der Ozeane alle ganz global – und ist kein Problem, das „weit entfernt ist“.

Die anfänglich gering klingende pH-Wert-Veränderung von 8,2 auf 8,1 entspricht allerdings einem Absinken um fast 30%, weil pH-Werte logarithmisch gestaucht sind. Bis zum Jahr 2100 rechnet man mit einem weiteren Absinken um zusätzliche 0,3 bis 0,4 Einheiten (das wäre dann bereits um 100% bis 150% saurer). Die Ozeane bleiben bei diesen Werten zwar weiterhin „basisch“, allerdings um einiges „saurer“ als zuvor. Indem CO2 sich vor allem in kaltem Wasser besonders gut löst, schreitet die Ozeanversauerung vor allem in den Gewässern der Polarregionen (Arktischer Ozean) stark voran.

Weltaktionstag – Ocean Acidification Day of Action – 8.1.

Der 8. Jänner (in Anlehnung an den derzeitigen pH-Wert der Ozeane 8,1) wurde daher als Aktionstag der Ozeanversauerung ausgerufen. An diesem Tag soll das Problem, dass die Meere so rasant wie nie zuvor versauern, stärker thematisiert werden. #oadayofaction

Von der Atmosphäre in die Ozeane Ozeanversauerung

Erhöht sich die CO2-Konzentration in der Atmosphäre, nehmen also auch die bisher basischen Ozeane mehr CO2 auf. Das CO2 löst sich im Wasser, dadurch entsteht Kohlensäure (H2CO3) und der pH-Wert des Wassers sinkt ab. Zudem sinkt auch der Sauerstoffgehalt im Wasser – die Weltmeere erwärmen sich und versauern. Diese Veränderungen bringen weitreichende Folgen für das komplexe Ökosystem unter Wasser.

Bedrohung unter Wasser

Lösen sich die schädlichen Gase im Wasser zu Kohlensäure, hat das verheerende Folgen für viele Wasserlebewesen. Vor allem Meeresbewohner, die eine Kalkschale bilden, wie etwa Muscheln, Seesterne, Korallen, Krebse und Seeigel sind besonders stark von den Veränderungen bedroht: Das übersäuerte Wasser greift nämlich die kalkigen Schutzhüllen an, wodurch diese immer dünner werden und sich im Wasser sogar ganz auflösen können. Durch den niedrigen pH-Wert ist es ihnen nicht mehr möglich, ihre Skelette oder Schalen aufzubauen.

Des Weiteren werden die klebrigen Fäden, an denen Miesmuscheln Halt finden, im säuerlichen Wasser schwächer und reißen. Dadurch lösen sich die Muscheln bei starkem Wellengang von ihrem Untergrund und werden zur leichten Beute für Feinde wie Seesterne, Krabben oder Fische.

Auch weitere schwerwiegende Faktoren, wie die zunehmende Schadstoffkonzentration in den Meeren und die ansteigende Erwärmung des Wassers führen dazu, dass das Gleichgewicht der Unterwasserwelt massiv gestört wird.

Die Versauerung in Kombination mit zu warmem Meerwasser

Korallenriffe – Korallenbleiche

Nicht nur der sinkende pH-Wert stellt eine Bedrohung für die Biodiversität unter Wasser dar, sondern auch die damit verbundene Erwärmung der Ozeane. Ein zu hoher Temperaturanstieg im Wasser könnte beispielsweise für Korallen tödlich enden, sie bleichen aus und sterben ab. Die von Nesseltierkolonien im Laufe vieler Jahrhunderte aus ihren Kalk-Skeletten aufgebauten Korallenriffe zählen neben den Regenwäldern zu den wichtigsten, artenreichsten aber auch empfindlichsten Lebensräumen der Welt und erfüllen eine Vielzahl an Funktionen im Ökosystem Erde. Die Korallen leben in einer Symbiose mit anderen Lebewesen und Pflanzen wie Algen. Während die Korallen den Algen einen sicheren Lebensraum bieten, liefern die Algen der Koralle Glucose. Durch das erhöhte Stresslevel der Koralle funktioniert das fein ausbalancierte Verhältnis zwischen ihr und den Algen nicht mehr. Die Koralle erkennt sie fortan als Fremdkörper und stößt die Einzeller ab. Gäbe es keine Korallen mehr, würde auch der Lebensraum für eine Vielzahl an Unterwassertieren wegfallen. Ohne Versteck- und Behausungsmöglichkeiten würde die Fischfauna weitestgehend verschwinden (und damit Nahrungsquelle Nummer eins für viele Völker in küstennahen Gebieten). Mit der zunehmenden Erwärmung der Ozeane nimmt die Häufigkeit und Intensität von Korallenbleichen schon jetzt zu. Bei einer globalen Erwärmung um 1,5 Grad erwarten Wissenschaftler, dass 70 bis 90 Prozent der Korallen absterben, bei 2 Grad plus sind es sogar 99 Prozent. Ist ein Korallenriff einmal tot, erholt es sich nicht wieder. Und für eine Anpassung der Korallen an die sich verändernden Bedingungen passiert die Veränderung viel zu schnell.

Fische

Ebenfalls durch das zu warme Wasser betroffen sind Fische – wobei anzumerken ist, dass diese die Veränderungen noch eher stemmen, da sie die sinkenden pH-Werte in ihrem Blut gut und schnell auszugleichen wissen. Arten, wie beispielsweise der Kabeljau wandern jedoch trotzdem in für sie angenehmere, vor allem kühlere Gewässer ab. Der Clownfisch hingegen hat keine Möglichkeit abzuwandern. Er ist auf seinen Lebensraum der Korallenriffe angewiesen. Ihm könnten aufgrund der veränderten Bedingungen der Geruchssinn sowie die optische Wahrnehmung und das Gehör wegfallen. Jene Sinne werden nämlich bei zu warmen Temperaturen beeinträchtigt. Ohne Geruchs- und Hörsinn finden sie nicht mehr zurück in ihre Heimat.

Des Weiteren geraten Fische durch die erhöhte Wassertemperatur in Versuchung, ihre Eier verfrüht abzulegen. Der unpassende Zeitpunkt könnte entweder unzureichende Nahrung oder zu viele Feinde in der Nähe bedeuten. Die Sterblichkeitsrate des Fisch-Nachwuchses könnte dadurch ansteigen.

Bedrohung über Wasser

Die Situation der zu warmen, versauerten Weltmeere bleibt aber auch für den Menschen selbst nicht ohne Konsequenzen.

Nahrungsquelle: Eine Destabilisierung der Unterwasser-Nahrungskette sowie ein Absterben der Korallenriffe hätte gravierende Folgen für die Welternährung, da beinahe 60% der Weltbevölkerung in Küstennähe lebt und auf die Nahrungsversorgung aus den Meeren angewiesen ist.

Küstenschutz: Zudem bieten Korallenriffe rund 400 Millionen Menschen nicht nur Nahrung, sondern auch einen wichtigen Schutz der Küsten vor Erosion und Sturmwellen.

Klima-Regulator: Je saurer die Ozeane werden, umso weniger CO2 können sie aufnehmen. Ihre Funktion als CO2-Speicher nimmt dadurch ab. Folglich schreitet der Klimawandel noch schneller fort.

Urlaubsregion: Durch Temperaturanstieg und Versauerung nehmen Blaualgen überhand, die sich zur Blütezeit teppichartig auf der Wasseroberfläche ausbreiten wie zB jüngst im Marmarameer in der Türkei. Nicht nur das wird für den Tourismus fatale Auswirkungen haben.

Was können wir tun?

Die Ozeanversauerung wird nicht selten als „böser Zwilling“ des Klimawandels bezeichnet. Ansatzweise könnten Korallenriffe durch die Verwendung von alkalischer Mittel vielleicht repariert werden, aber grundsätzlich gibt es nur einen einzigen wirksamen Weg: Wir müssen den CO2-Ausstoß stoppen und zwar so bald als möglich! Denn wenn wir so weitermachen wie bisher, wird (nicht nur) die Unterwasserwelt unwiderruflich verändert.

Quellen & weitere Literatur für Interessierte:

  • https://www.klimareporter.de/erdsystem/das-meer-wird-sauer
  • https://de.wikipedia.org/wiki/Korallenbleiche
  • https://www.furche.at/wissen/die-saure-zukunft-der-weltmeere-1613250
  • https://www.spiegel.de/wissenschaft/natur/versauerung-der-ozeane-kalkschalen-von-meeresbewohnern-werden-immer-duenner-a-612188.html
  • https://www.awi.de/im-fokus/ozeanversauerung/fakten-zur-ozeanversauerung.html
  • https://bracenet.net/blog/versauerung-der-meere-und-ihre-folgen/
  • http://www.biologie-schule.de/oekosystem-korallenriff.php
  • Studie aus dem Jahr 2020 zum Thema „Erwärmung der Ozeane“: https://link.springer.com/article/10.1007/s00376-020-9283-7

Unsere Reihe zum Klimawandel:

Dieser Beitrag erschien erstmals am 16. Juli 2021 und wurde zuletzt am 8.1.2023 aktualisiert.

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