Marktgärtnerei – Market Gardening

Was steckt hinter dem Begriff der Marktgärtnerei?

Bei der Marktgärtnerei handelt es sich um einen biointensiven, ressourcenschonenden Gemüseanbau auf kleiner Fläche im Rhythmus der Jahreszeiten. Frei übersetzt bedeutet Market Gardening „Gärtnern für den Markt“. Denn das Gemüse wird direkt ohne Zwischenhändler*innen an die Konsument*innen verkauft. Die Kund*innen sehen, woher die Lebensmittel stammen und die Marktgärtner*innen wirtschaften effizient, energiearm und klimaschonend. Die Marktgärtnerei ermöglicht es Menschen, auch neu in die Landwirtschaft einzusteigen und hochwertige Lebensmittel zu erzeugen.

Marktgarten „Unser Bauerngarten“ in Graz-Ragnitz

Biointensiver Gemüseanbau

Bei der biointensiven Anbaumethode steigert man den Ertrag schonend und nachhaltig, damit die Fruchtbarkeit des Bodens erhalten bleibt. Die Marktgärtnerei soll schließlich einerseits Menschen ernähren, andererseits sollen auch die Market Gardener von ihrem Tun leben können.

Wie funktioniert das?

  • Kleinstrukturierte Anlagen: Kompakte Größen bis zu 3 Hektar – mehr sind es nicht beim Market Gardening. Zu Fuß gut begehbar, Leerzeiten werden vermieden, wenig Personal und wenig Geräte nötig.
  • Enge Bepflanzung und enge Beetabstände führen dazu, dass der knappe Platz besser genutzt wird, effizienter gearbeitet werden kann und Beikräuter weniger Chancen haben. Dabei werden nur die dazwischen liegenden Wege betreten, damit Bodenverdichtung vermieden wird.
  • Sorgfältige Bodenpflege durch Gründüngung, geplante Fruchtfolgen, schonende Bearbeitung des Bodens, bewusster Bodenaufbau durch Kompostbeimengung und nur schonende Bodenlockerung. So werden Kleinstlebewesen gefördert, der Boden bleibt gesund und kann CO2 binden.
  • Vielfalt: In der Marktgärtnerei will man die Vielfalt unserer Gemüsesorten bewahren und baut deshalb auch bereits in Vergessenheit geratene Sorten an.
  • Gute Planung: Was wann wie ausgesät, vorgezogen, umgetopft und ausgepflanzt wird, richtet sich nach einem festen und peniblen Plan.
  • Ressourcenschonender Anbau: Kein Einsatz von Pestiziden oder chemischen Düngemitteln. Beikräuter entfernt man schon im frühen Stadium und auch mit Mulchen hält man Unkräuter in Schach. Nützlinge werden gezielt gefördert. Biologisch heißt hier mehr: nämlich das Arbeiten im Einklang mit der Natur, ob nun mit oder ohne Bio-Zertifizierung.
  • Handgeräte statt große Maschinen: Die kleinen und eng bepflanzten Flächen lassen zum Beispiel auch einen Verzicht auf Traktoren oder Mähdrescher zu. Durch den Einsatz von einfacheren Handgeräten können Kosten gespart werden (die ja wiederum nur durch – häufig ungesundes – Wachstum gedeckt werden könnten). Gemüseanbau in Handarbeit macht auch heute noch Sinn!
  • Direktvermarktung: Verkauf direkt an die Kund*innen ohne Zwischenhandel. So kann unter anderem eine gute Kundenbindung entstehen und den Landwirt*innen bleibt mehr vom Erlös. Die Beziehung ist kein klassisches Geben und Nehmen, sondern vielmehr ein Miteinander. Durch Kisterl-Abos entstehen langjährige Bekanntschaften, Abfeld-Verkäufe ermöglichen ein persönliches Kennenlernen, man bekommt Einblick und kann Vertrauen aufbauen.
  • Verlängerung der Erntesaison: Mit Vlies und Folientunnel kann eine besonders frühe bzw auch späte Ernte erzielt werden. Überdies gibt es auch frostfeste Sorten, die sich perfekt als Wintergemüse eignen.

Die Vision?

Ein Marktgarten in jeder größeren Ortschaft und Kund*innen, die ihr Gemüse direkt vom Feld abholen.

Vorbild der Marktgärtnerei: Paris!

Die Pariser Gemüseproduktion in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhundert dient als Vorbild für das Agrarprinzip des Market Gardenings. Es versorgte nicht nur die Großstadt Paris, sondern exportierte sogar nach England. Dieses kleinstrukturierte Gärtnereisystem zeichnete sich durch vier wesentliche Merkmale aus:

  • Regionalität: Die Versorgungswege waren kurz.
  • Vielfalt & Qualität: Die Pariser Stadtbevölkerung wurde auch im Winter mit einer Vielzahl an Obst- und Gemüsesorten in bester Qualität versorgt.
  • Produktivität: Die Flächenleistung war aufgrund einer peniblen Planung, intensiven Nutzung der kleinen Flächen sowie hochentwickelter Anbautechniken enorm.
  • Nachhaltigkeit: Durch Verwendung von Pferdemist und anderen Methoden zum Erhalt der Bodenfruchtbarkeit nahm diese trotz intensiver Bewirtschaftung von Jahr zu Jahr zu.

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts drängte allerdings das Aufkommen von Traktoren sowie die Entwicklung mineralischer Dünger diese Form des Gemüseanbaus in Richtung Großproduktion. Pferdemist, dieser für Gärtnereien so wertvolle Dünger, fehlte plötzlich aufgrund des Aufkommens der ersten Autos. Zudem wuchsen Städte rasant, was wiederum dazu führte, dass städtische Flächen sich verteuerten. So ging ein sehr erfolgreiches, nachhaltiges gärtnerisches Modell leider zu Ende und soll nun nach mehr als hundert Jahren wieder – hoffentlich erfolgreich – belebt werden.

Welche Marktgärtnereien gibt es in Graz und Umgebung?

  • Unser Bauerngarten, Hochfeldweg, 8047 Graz-Ragnitz
  • Die Zödelei, An der Kanzel, Weinzödl 8046 Graz-Andritz
  • GELAWI Jaklhof, Jaklhof 1, 8010 Kainbach
  • Lienhof, Eckleitenweg 92, 8054 Seiersberg Pirka
  • Colourful greens, 8061 Willersdorf (am Fuße des Schöckls)
  • Vielfaltsgärtnerei Muhry, Höflingstraße 6, 8063 Eggersdorf bei Graz
  • Hof der Vielfalt, Sankt Oswald bei Plankenwarth (nördlich von Graz)
  • Naturhof Hanfstingl, Altenmarkt 70, 8280 Fürstenfeld
  • Ernteschwung, Entschendorf 35, 8321 St. Margarethen an der Raab
  • Atropa, Wuschan 72, 8504 Dobl-Zwaring
  • Herzhof, Edelsgraben 26, 8334 Lödersdorf
  • Kennt ihr noch weitere? Schreibt uns bitte!
Marktgarten „Unser Bauerngarten“ in Graz-Ragnitz

Danke an Johanna und Bernhard von „Unser Bauerngarten“ fürs Redigieren dieses Artikels.

Quellen:

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