Schnittblumen und die Slowflower-Bewegung

Gibt es auch nachhaltige Schnittblumen?

Schnittblumen sind in den letzten Jahren zur jederzeit verfügbaren Einheits-Massenware verkommen, die aus weit entfernten Niedriglohnländern mit dem Flugzeug importiert oder in riesigen beheizten Glashäusern aufgezogen werden. An der Supermarktkassa sind sie so billig, dass sie schnell mitgenommen werden. Sie machen zwar unseren Alltag bunt und holen uns bereits im Winter den Frühling ins Haus, sind aber auch mit viel Wasser, Gifteinsatz, Ressourcen- und Energieverbrauch sowie Ausbeutung verbunden. Wie es anders geht, zeigt uns die Slowflower-Bewegung.

Tulpen in Monokultur

Ökologische und soziale Aspekte

Die Herkunftsländer der herkömmlichen Schnittblumen reichen von den Niederlanden, Ecuador, Kenia, Sambia bis zu anderen ostafrikanischen Ländern. Im Zuge der Globalisierung haben die lukrativen Sorten immer mehr heimische Ware verdrängt. Vor allem in fernen Ländern sind Arbeits- und Umweltbedingungen schlecht, sodass billig und massentauglich produziert werden kann. Rosen, anscheinend unsere Lieblingsblumen, benötigen zur Aufzucht außerdem sehr viel Wasser. So stecken in jeder einzelnen Rose aus Ostafrika 7 bis 13 Liter Wasser. In den üblichen Anbauländern verstärkt dies die ohnehin herrschende Wasserknappheit. Dies ist nicht nur ein ökologisches, sondern auch ein soziales Problem. Auch die langen Transportwege mit Schiffen oder Flugzeugen verursachen viel klimaschädliches CO2. Wer glaubt, dass Blumen aus den Niederlanden diesbezüglich besser ausfallen, irrt sich allerdings! Die dortigen Gewächshäuser müssen beheizt und beleuchtet werden, das kostet viel Energie.

Aber auch die sozialen Aspekte sind nicht zu vernachlässigen: Keine Arbeitsrechte, kein ausreichender Schutz, lange Arbeitszeiten und schlechte Bezahlung. Unser Wunsch nach Billigblumen bzw die Profitgier der europäischen Großhändler sorgen für Ausbeutung.

Rosen – das ganze Jahr über …

Die riesigen Rosen-Monokulturen führen in den südlichen Ländern zu einem Verlust der Biodiversität und zum Auftreten von resistenten Schädlingen und Krankheiten. Der Einsatz von Pestiziden soll verhindern, dass Schädlinge die Pflanzen befallen und kein Ausschuss die Ernte schmälert. In Europa dürfen diese Pestizide nicht mehr eingesetzt werden, der Verkauf von behandelten Schnittblumen ist allerdings nicht verboten. Sie gelangen in den Boden und ins Wasser und zerstören die Natur. Die Arbeiter*innen im globalen Süden sind diesem Giftcocktail stundenlang ohne Schutzvorrichtung ausgeliefert. Aber die giftigen Stoffe haften auch an den Blumen. Achten schon viele darauf, woher ihr Essen kommt und wie es hergestellt wurde, verschenkt man oder holt man sich zB vor allem mit Rosen noch immer ohne nachzudenken einen wahren Pestizidstrauß auf den Tisch. 2017 hat die Zeitschrift Öko-Test Rosensträuße untersuchen lassen und in 14 Sträußen mehr als 50 verschiedene Stoffe wie Fungizide und Insektizide nachgewiesen. Kein einziger Rosenstrauß war dabei komplett unbelastet, selbst die Fairtrade-Rosen nicht.

Europäische Tulpen sind im Vergleich dagegen viel geringer mit Pestiziden belastet. Sie wachsen schneller und Europa setzt verstärkt auf alternative Pflanzenschutzmittel.

Saisonalität – Regionalität – Nachhaltigkeit

Es geht aber auch anders: Die relativ junge Slowflower-Bewegung will an der Idee von Slow-Food oder Slow-Fashion (als Gegenbewegungen zu Fast-Food bzw Fast-Fashion) anknüpfen. Hier haben sich Menschen zusammengeschlossen, die sich für eine nachhaltigere Blumenwelt einsetzen. Schnittblumen sollen aus der Region stammen und saisonal angeboten werden, wandern nach dem Prinzip „Farm to Table“ direkt vom Feld auf den Tisch. Im Unterschied zur Rose, die als Importware ganzjährig ins Haus geholt werden kann und dabei aber jeder Bezug zur Natur verloren gegangen ist.

Die Slowflower-Gemeinschaft im DACH-Raum hat sich im Jahr 2018 gebildet und wächst kontinuierlich. Mehr als 200 Florist*innen, Blumenfarmer*innen und Blumengärtner*innen aus Deutschland, Österreich der Schweiz und sogar in Liechtenstein vereint mittlerweile die Leidenschaft für Schnittblumen aus der Region, frei von Pestiziden und Giften. Gemeinsam wird voneinander gelernt, werden Kooperationen angestoßen und Bewusstseinsbildung und Aufklärung betrieben.

© Vom Hügel, 8322 Erbersdorf

Leitlinien der Slowflower-Bewegung

  • Verwendung von nachhaltigem Saatgut, wenn möglich in Bio-Qualität und Verzicht auf genmanipulierte Pflanzen.
  • Keine Verwendung von chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmitteln, wie Pestiziden, Herbiziden und Fungiziden.
  • Stärkung der Pflanzen durch den Einsatz von Nützlingen und anderen vorbeugenden Maßnahmen.
  • Regionalität und Saisonalität – der Rhythmus der Natur gibt es vor. Wertschätzung von dem, was uns unsere Umgebung schenkt.
  • Verzicht auf synthetische Dünger. Gedüngt wird nur mit organischem Dünger, wie zB Horn, Kompost oder Schafwolle.
  • Ressourcen- und bodenschonender Anbau, geringer Wasser- und Energieverbrauch (zB keine beheizten Gewächshäuser).
  • Kreislaufwirtschaft so gut es geht: Ressourcen- und bodenschonender Anbau, Humusaufbau, Insektenschutz. Wäre es zB nicht auch möglich, wenn das Schnittgut vom Winterschnitt der Streuobstwiesen als blühende Zweige in Blumenhandlungen angeboten würde?
  • Verzicht auf Abfall und Einweg-Plastikmaterial. Statt Steckmasse aus Plastik wird Reisig oder Moos verwendet.
  • Vermeidung bzw Reduktion von Transportwegen.
© Flower & Soul – barefoot-photography

Slowflower-Bewegung

Website: https://www.slowflower-bewegung.de/
E-Mail: buero@slowflower-bewegung.de
Instagram: https://www.instagram.com/slowflowerbewegung/
Save the date: Slowflower-Woche Herbst 2024

Es geht um das Wiederentdecken natürlicher Blumen und nicht um Verzicht. Auch krumme Stiele und nicht ganz perfekte Blüten haben da ihren Platz, denn so ist die Natur.

Slowflower-Betriebe in der Steiermark:

Die Slowflower-Bewegung kommt übrigens ganz ohne eigenes Gütesiegel oder Zertifizierung aus. Es wird rein eigenverantwortlich gewirtschaftet. Um die Leitlinien bestmöglich umsetzen zu können, sind die Mitgliedsbetriebe im regen Austausch und unterstützen sich gegenseitig.

Weitere Tipps für einen nachhaltigen Blumenkonsum

  • Erste Wahl: Heimische, österreichische (Bio)Freilandblumen kaufen!
  • Bevorzuge den Bauernmarkt, ökologische Gärtnereien und Blumenhandlungen vor jenen in Plastik verpackten, viel zu billigen Blumen an der Supermarktkassa oder in der Tankstelle.
  • Leider gibt es bei Blumen keine Herkunftskennzeichnungspflicht. Frage daher in deiner Blumenhandlung, woher die Blumen stammen. Frage bewusst nach heimischer Ware, damit die (vermehrte) Nachfrage zur Kenntnis genommen werden kann. Wer weiß, vielleicht stößt gerade du damit ein Nachdenken und Umdenken an?
  • Fairtrade: Sollten deine Blumen nicht aus Österreich stammen, dann achte darauf, dass sie zumindest fair gehandelt werden. Damit ist gewährleistet, dass die Arbeiter*innen in den Herkunftsländern ausreichend bezahlt werden und umweltverträglicher produziert wird. Fairtrade löst allerdings nicht alle Probleme. Verzichte daher, wenn möglich, auf Rosen im Winter!
  • Eine Alternative zu Schnittblumen als Geschenk und Seelentröster sind Blumen in Töpfen. Ein kleiner Ableger deiner Lieblingspflanze wird so zu einem richtigen Herzensgeschenk! Nachhaltig ist das allerdings auch nur, wenn sie nicht sofort eingehen oder Topf & Co neu gekauft wird. Viele gebrauchte Töpfe und Übertöpfe findest du übrigens auch in Secondhand-Läden.
  • Oder verschenke Blumensamen – schau doch einmal zum Samen Köller!
  • Vermeide in Plastik verpackte Blumen!
  • Trockenblumen erleben gerade wieder eine Renaissance. Es gibt wunderschöne Modelle! Wichtig ist aber dabei unbedingt, dass sie ungebleicht und ungefärbt sind. Vielleicht kannst du auch den Blumenstrauß selbst trocknen? Mehr zu: Trockenblumen.
  • Auch im eigenen Garten oder am Balkon kannst du Blumen anbauen, die du dann pflücken (oder ungepflückt genießen) kannst.
  • Gibt es keine regionalen Blumen, dann wähle stattdessen einfach ein anderes Geschenk.

Hier eine Liste von oeko-fair.de, welche heimischen Blumen es wann in Deutschland gibt (für Österreich haben wir noch keine entsprechende Liste gefunden): http://www.oeko-fair.de/media/file/55.99.pdf

Facts zu den Slowflower-Betrieben:

  • 85% sind kleine Betriebe und arbeiten zu zweit oder sogar alleine
  • 70% der Betriebe sind sowohl im Anbau als auch in der Floristik aktiv
  • Die Anbaufläche von 50% der Mitglieder ist kleiner als 500 m²
  • 50% arbeiten als Blumenfarmer:in nur im Nebenerwerb
  • 80% haben sich ihre Expertise autodidaktisch angeeignet

Weitere interessante Links auf unserer Website:

Quellen:

  • @acht_nach: 10.2.2021
  • https://utopia.de/ratgeber/rosen-oekotest-spritzgift-valentinstag/
  • https://utopia.de/ratgeber/blumen-kaufen-fair-bio/
  • https://utopia.de/ratgeber/slowflower-die-bewegung-fuer-nachhaltige-schnittblumen/
  • https://www.gartenzauber.com/slowflower-die-nachhaltige-schnittblumen-liebe/
  • https://www.instagram.com/slowflowerbewegung/
  • https://www.slowflower-bewegung.de
  • https://www.moment.at/story/das-schmutzige-geschaeft-mit-schoenen-blumen
  • https://www.suedwind.at/fileadmin/user_upload/suedwind/50_Handeln/Hf1W-PDFs_Pics/hf1w_Folder_blumen_in_kenia.pdf
  • http://www.oeko-fair.de/clever-konsumieren/wohnen-arbeiten/blumen/blumenhandel-und-produktion/die-blumenproduktion/die-blumenproduktion2
  • https://www.greenpeace.de/biodiversitaet/landwirtschaft/anbau/bluehende-geschaefte-kosten-mensch-umwelt
  • https://www.global2000.at/news/pestizide-auf-blumen
  • bioMagazin 01/2023, 112. Ausgabe, Seite 38+39

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Dieser Beitrag erschien erstmals am 7. Februar 2023 und wurde zuletzt am 10.2.2024 aktualisiert.

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