Christina Volckmar ergänzt ab sofort unser Nachhaltigkeits-Redaktionsteam. Wir freuen uns sehr über ihr Engagement und sind überzeugt, dass sie durch ihre Stärken viel Mehrwert für unseren Blog und unsere Leser*innen bieten kann. Ihr erster Beitrag handelt von den Vorteilen des Selber Kochens:
Wer kennt das nicht? Stress im Job? Zu viel zu lernen auf der Uni? Keine Zeit zum Kochen? Gerne greifen viele hier zu Convenience Food, dem „bequemen Essen“. Selber Kochen wird mit Zeitaufwand und teuren Zutaten in Zusammenhang gebracht, doch was steckt dahinter?
Inhaltsstoffe
Kauft man sich ein hochverarbeitetes Fertigprodukt und wirft einen Blick auf die Zutatenliste, wird man mit so manch ominösen Inhaltsstoffen überrascht. Geschmacksverstärker, Stabilisatoren, Emulgatoren und vieles mehr. Diese Stoffe werden beigemengt, weil es praktisch für den Verkäufer und Produzenten ist. Nichts weiter. Das Produkt hält länger, kann die langen Transportwege ohne Qualitätsverluste überstehen und kommt beim Kunden genauso an, wie es die Fabrik verlassen hat. Anstatt mit echten Früchten, arbeitet man gerne mit Aromen. Kartoffeln werden durch Kartoffelpulver ersetzt, Milch durch Milchpulver und man hat sogar einen Weg gefunden, Hühnchenfleisch zu pulverisieren.
Aber sind Fertigprodukte dadurch schlecht, nur weil sie viele verschiedene Verarbeitungsschritte hinter sich haben?
Nun, einerseits gilt: Je mehr Verarbeitungsschritte für ein Fertigprodukt nötig sind, desto mehr Energie wird benötigt. Doch dazu später mehr.
Außerdem leidet das Image der Fertigprodukte durch viel zu hohe Kalorien. Um das Gericht besser schmecken zu lassen, werden gerne große Mengen an Zucker, Salz und Fett beigemischt. Ein kluger Schachzug, denn so wird der Konsument dazu verleitet, sich gleich noch ein Stück zu genehmigen, denn das Hungergefühl wird ausgetrickst. Selbstgekochtes Essen fällt viel kalorienarmer aus und bringt ein länger anhaltendes Sättigungsgefühl mit sich. Man isst weniger, braucht aber auch weniger, damit man das Gefühl eines gefüllten Magens hat. Außerdem gibt es auf den Verpackungen von Fertigprodukten kaum Angaben dazu, wo die Inhaltsstoffe herkommen. Kocht man selbst, kann man viel besser auf regionale (Bio) Zutaten zurückgreifen. Das unterstützt nicht bloß die österreichischen Bauern, sondern ist auch nachhaltig.
Apropos Fett …
Das Öl der Ölpalme ist das meist hergestellte Pflanzenöl. 66 Millionen Tonnen pro Jahr werden davon produziert. Es steckt ist fast der Hälfte aller Fertigprodukte im Supermarkt. Man unterscheidet zwischen Palmöl, das aus dem Fruchtfleisch der Ölpalme gepresst wird und Palmkernöl, das aus den Kernen der Früchte gewonnen wird. Auf der Zutatenliste vieler Produkte versteckt es sich unter den Namen „Palmitate“, „Stereat“ oder „Cetearyl“. Wer kein Chemiker ist, soll da mal durchblicken. Etwa ein Drittel des produzierten Palmöls wird in der Lebensmittelindustrie verwendet.
Ölpalmen sind sehr ertragreich, viel ertragreicher als heimische Öl-Alternativen, wie Raps- oder Sonnenblumenöl. Das macht Palmöl auch billig. Trotzdem hat es einen schlechten Ruf.
Ölpalmen brauchen Feuchtigkeit und Wärme, um sich wohlzufühlen. Sie wachsen also genau dort, wo sich die größten Regenwälder unserer Erde befinden. Um Palmölplantagen zu errichten, werden riesige Teile des Regenwaldes gerodet. Das ist nicht nur schlecht für Pflanzen und Tiere, sondern auch für die globale Erderwärmung. Methan und CO2 werden aus den Böden freigesetzt und kurbeln den Treibhauseffekt an. Viele Lebensmittelproduzenten steigen nun auf Alternativen um, wie z.B. Kokosöl. Hierbei darf man aber nicht aus den Augen lassen: Das Problem liegt nicht beim Produkt, sondern in der Massenproduktion und den Monokulturen.
Palmöl gibt es so gut wie gar nicht als einzelnes Produkt in unseren Supermärkten zu kaufen. Wenn man also selber kocht, verzichtet man ganz automatisch auf Palmöl.
Verpackungen
Die Verpackungen von Fertiggerichten haben einen erheblichen Einfluss, nicht nur auf die Umwelt, sondern auch auf den Menschen. Um Lebensmittel in Dosen noch länger haltbar zu machen, werden diese von innen beschichtet. Hierfür verwendet man Bisphenol A (BPA), aus dem auch Plastikflaschen gefertigt werden. In einer Studie der Harvard University wurde veröffentlicht, dass im Blut der Studienteilnehmenden nach ein paar Tagen BPA gemessen werden konnte, nachdem sie plastikverpacktes Essen zu sich genommen haben. BPA ist ein endokriner Stoff, also ein „Umwelthormon“. Solche hormonaktiven Substanzen können das körpereigene Hormonsystem durcheinanderbringen.
Dass Plastikmüll und Verpackungen nicht gut für die Umwelt sind, weiß heutzutage schon jeder. Doch wenn ich jedes Produkt einzeln in der Verpackung kaufe – wo liegt da der Unterschied zu Fertigprodukten?
Hierzu ein kleines Experiment:
Die Mozzarella Tiefkühlpizza eines bekannten Herstellers wiegt laut Packung 330 g. Davon sind mindestens 135 g Weizenmehl. Kaufe ich mir ein Mehlsackerl zu 1 kg, kann ich damit fast 7 Pizzen machen. Für die Tomatensauce kann ich Paradeiser vom Wochenmarkt ohne Verpackung kaufen, wenn ich mir von zuhause ein eigenes Sackerl mitbringe. Rund 70 g der Tiefkühlpizza ist Mozzarella. In einem normalen Packerl Mozzarella aus dem Supermarkt sind 125 bis 200 g drinnen. Damit kann ich fast 3 Pizzen belegen, wenn ich ein bisschen spare. Salz, Pfeffer und Trockenhefe für den Teig gibt´s in Großverpackungen aus Papier zu kaufen. Und Öl kommt in Literflaschen. Damit gehen sich sehr viele Pizzen aus. Emulgatoren, Zucker oder Geschmacksverstärker brauche ich nicht. Wenn ich mir die Zutaten also selbst kaufe, spare ich an Verpackungsmaterial!
Selber Kochen ist gut für´s Börserl!
Kauft man sich die Zutaten einzeln, kann man nicht nur an Verpackung sparen, sondern auch an Geld!
Die Preise für die Zutaten unserer Pizza sind Durchschnittspreise von BIO-Produkten eines normalen Supermarktes. In genau diesem Supermarkt kostet eine durchschnittliche 330 g Tiefkühlpizza 3,19 Euro. Und die BIO-Tiefkühlpizza gibt es für 4,50 Euro, also rund das Doppelte!
Energieverbrauch
Bleiben wir noch bei dem Beispiel mit der Fertigpizza. Um eine Fertigpizza zu produzieren, braucht es gut 10 Kilowattstunden. Zum Vergleich: Mit bloß EINER Kilowattstunde könnte man schon ein ganzes Mittagessen für vier Personen kochen, oder 10 Stunden Fernsehschauen! (In dieser Rechnung nicht mit dabei ist der Energieverbrauch der HerstellerInnen, die ja auch irgendwie zur Arbeit fahren müssen.) Die Pizza muss nicht nur produziert, sondern auch gekühlt werden. Von den einzelnen Zutaten hin, bis zum fertigen Produkt und dem Transport in den Supermarkt darf die Kühlkette nicht unterbrochen werden. Frische und unverarbeitete Zutaten müssen nicht gekühlt werden. Wer auf regionale, unverarbeitete Produkte zurückgreift, spart viel an Energie und Transportweg!
Wer selber kocht, lebt gesünder und glücklicher!
Berufstätige Personen, die einen Termin nach dem anderen hinterherjagen, haben oft keine Zeit, sich mit Kochen auseinanderzusetzen und greifen gerne auf Convenience Food zurück. Convenience Food ist, wie der Name schon sagt, bequem. Doch, wie schon erwähnt, befinden sich in eben diesen Gerichten gerne versteckte Zusatzstoffe, die wir gar nicht brauchen. Wer selber kocht, der weiß, aus was die Speisen bestehen und wo die Zutaten herkommen. Man hat Kontrolle darüber, was in der Pfanne landet und setzt sich automatisch damit auseinander, was gesund für den eigenen Körper ist. So steigert man nicht bloß die Gesundheit, sondern auch das Wohlbefinden.
Wer ein absoluter Kochanfänger ist: Keine Angst! Kochen lernt man schnell, denn es ist nicht schwer. Im Internet gibt es Millionen von Rezepten, mit denen selbst ein Laie ein ganzes Mittagsmenü zaubern kann. Hat man den Dreh raus, geht es ans Experimentieren. Dann macht Kochen richtig Spaß und fördert die eigene Kreativität.
Tägliches Kochen bringt Struktur ins Leben. Isst man immer zur gleichen Uhrzeit, verhilft das zu einem geregelten Tagesablauf, den der Mensch natürlich anstrebt. Denn das gibt uns Sicherheit.
Wer also selber kocht, tut war für die Umwelt, lebt gesünder und auch glücklicher. Und fühlt man sich wohl, kann man sich besser konzentrieren, arbeitet effizienter und hat im Endeffekt an Zeit gewonnen. Nämlich an Zeit fürs Kochen!
Quellen:
- https://www.regenwald.org/themen/palmoel
- https://www.wwf.at/artikel/palmoel/
- https://www.online-trainer-lizenz.de/blog/fertigprodukte/#gruppe-4-hoch-verarbeitete-lebensmittel
- https://www.umweltberatung.at/checkliste-da-steckt-meist-palmoel-drin
- https://www.zentrum-der-gesundheit.de/ernaehrung/ernaehrungsformen/ungesunde-ernaehrung/fertiggerichte
- https://bessergesundleben.de/die-gefahr-von-konservendosen/
- https://www.verivox.de/strom/themen/1-kilowattstunde/
- BPA, chemical used to make plastics, found to leach from polycarbonate drinking bottles Into humans | News | Harvard T.H. Chan School of Public Health
- https://energiedetektive.ch/fileadmin/generic_lib/Resources/Public/Downloads/newsletter/NL_2019_02_web.pdf
- Seelen-Genuss: Selbstgekochtes für mehr Wohlbefinden | pro mente steiermark
Weitere interessante Links zu Themen der nachhaltigen Ernährung auf unserem Blog:
- Wissenswertes zum Forschungsprojekt CITY.FOOD.BASKET – Nachhaltige Warenkörbe – Dieser Beitrag hier erschien im Rahmen dieses Projektes
- Nahrungsmittel aus der Region (mit Listen zu Abhofverkäufen in Graz, zu Kisterl-Angeboten, Bauernmärkten, Automaten, uvm)
- Warum eigentlich bio?
- Warum eigentlich regional?
- Ursprungsbezeichnung „g.U.“ und „g.g.A“
- Das günstige Palmöl und sein hoher Preis
- Direktvermarktung in der Landwirtschaft
Weitere Beiträge von Christina Volckmar „tina“ auf unserer Website:
- Selber kochen – Gesundmacher und Klimaretter
- Lebensmittelzusatzstoffe
- Urban Farming
- Faktencheck Kokosöl – (k)eine Alternative zu Palmöl?
- Greenwashing
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Toll, dass ich beim selber kochen auch etwas für die Umwelt tue. Seit ich eine neue Küche habe, funktioniert das auch viel besser. Ein Unternehmen, das Küchen einbaut, hat mir zu meiner Traumküche verholfen.