Zu viel Licht für Mensch & Tier
Lichtverschmutzung, auch als light pollution, Lichtmüll oder Lichtsmog bekannt, ist ein oft unterschätztes Umweltproblem. Während Luftverschmutzung weithin bekannt ist, bleibt die Problematik der künstlichen nächtlichen Beleuchtung vielen verborgen. Dabei hat sie weitreichende Folgen – für Mensch, Tier, Pflanzen, Klima und sogar für unseren Sternenhimmel.
Wann – und vor allem wo – habt ihr zuletzt einen richtigen Sternenhimmel gesehen? Es gibt nur mehr wenige Stellen, an denen er ganz ohne Lichtverschmutzung erlebbar ist.


Auch wenn Licht häufig als positiv bewertet wird und uns vor allem subjektiv ein Wohl- und Sicherheitsgefühl vermittelt: Sinnlos und exzessiv leuchtendes Licht ist nicht nur pure Energieverschwendung und klimaschädlich, sondern allzeit künstliches Licht hat noch weitere negative Folgen: Mensch, Natur und Klima leiden vielfach unter der zu hellen Beleuchtung, die uns umgibt.
Was ist Lichtverschmutzung?
Lichtverschmutzung bezeichnet die künstliche Aufhellung des Nachthimmels durch menschengemachte Lichtquellen. Besonders in Städten entstehen sogenannte Lichtglocken, weil viel Licht nach oben abgestrahlt und in der Atmosphäre gestreut wird. Dadurch verschwindet die natürliche Dunkelheit der Nacht – mit sichtbaren Folgen: In Österreich sind heute nur noch etwa 10 Prozent der mit freiem Auge sichtbaren Sterne zu erkennen.
Folgen der Lichtverschmutzung
1. Auswirkungen auf den Menschen
Der Mensch ist evolutionär an den Wechsel von Tag und Nacht angepasst. Dunkelheit ist für die Produktion des Schlafhormons Melatonin unerlässlich. Bereits geringe Lichtintensitäten im Schlafbereich können die Melatonin-Ausschüttung hemmen, was zu Schlafstörungen, erhöhtem Stress und langfristig zu gesundheitlichen Problemen wie Depressionen, Diabetes, Bluthochdruck, Adipositas und sogar einem erhöhten Krebsrisiko führen kann. Besonders problematisch ist dabei das blaue Licht moderner LEDs, das den Biorhythmus besonders stark stört.
2. Folgen für Tiere und Ökosysteme
- Pflanzen: Dauerhafte Beleuchtung stört Wachstums- und Blühzyklen, beeinträchtigt die nächtliche Erholung und führt zu geringerer Bestäubung.
- Vögel: Künstliches Licht bringt Zugvögel aus der Orientierung, da sie sich nachts an Sternen orientieren. Viele kollidieren mit beleuchteten Gebäuden, andere brüten zu früh, wenn das Nahrungsangebot noch nicht ausreicht.
- Insekten: Millionen nachtaktiver Insekten werden jährlich von Lichtquellen angelockt (naturgemäß orientieren sie sich am Mond), verbrennen an heißen Lampen oder werden leichte Beute für Fressfeinde. Das hat dramatische Folgen für die Bestäubung und die Nahrungsketten.
- Fledermäuse: Viele Arten meiden beleuchtete Bereiche, was ihre Jagd- und Fortpflanzungsgebiete einschränkt.
- Amphibien und andere Tiere: Frösche stellen bei Flutlicht das Rufen ein, was die Paarung verhindert. Glühwürmchen verlieren durch Licht ihre Kommunikationsmöglichkeiten.
- Meeresschildkröten: Zwar nicht bei uns, aber trotzdem interessant: Sobald eine Meeresschildkröte aus ihrem Ei geschlüpft ist, läuft sie zum hellsten Punkt. Denn früher war dies das Meer. Heute sind es allerdings hell erleuchtete Hotels und Strände, die somit zur Todesfalle für die Schildkrötenbabies werden.
- Pflanzen: Dauerhafte Beleuchtung stört Wachstums- und Blühzyklen, beeinträchtigt die nächtliche Erholung und führt zu geringerer Bestäubung.
- Korallen: Auch Korallen stehen unter Lichteinfluss: Sie pflanzen sich bei Beleuchtung nicht richtig fort.
3. Energieverschwendung und Klimafolgen
Ein erheblicher Teil der Außenbeleuchtung strahlt nicht dorthin, wo sie gebraucht wird, sondern seitlich oder nach oben – das ist pure Energieverschwendung. In Europa gehen Schätzungen von Kosten in Milliardenhöhe aus, die durch unnötige Beleuchtung entstehen. Die Produktion des Stroms verursacht zudem erhebliche Mengen an CO₂, was den Klimawandel weiter antreibt. Der sogenannte Rebound-Effekt sorgt dafür, dass durch effizientere LEDs zwar der Energieverbrauch pro Lampe sinkt, aber insgesamt mehr und hellere Lampen installiert werden.
Wer „profitiert“ vom Licht?
Einige Tiere, etwa Spinnen oder Igel, nutzen die Ansammlung von Insekten an Lichtquellen als Nahrungsquelle. Doch auch diese Verschiebung stört das ökologische Gleichgewicht und kann zu einer Überpopulation einzelner Arten führen.
Was können wir tun?
Im privaten Bereich:
- Keine Dauerbeleuchtung im Garten: Nachts sollte es richtig dunkel werden. Lichterketten nur bei Bedarf und anschließend abschalten.
- Keine unnötige Gebäudeanstrahlung, insbesondere im Sommer.
- Werbebeleuchtung spätestens ab 22 Uhr abschalten – freiwillig oder per Gesetz.
- Außenbeleuchtung nur, wenn notwendig, mit Zeitschaltuhr oder Bewegungsmelder, in passender Intensität und ausschließlich nach unten gerichtet.
- Warmweiße, eher gelbliche LEDs mit geringem UV-Anteil (unter 3000 Kelvin) verwenden – sie sind insektenfreundlicher.
- Solarleuchten bevorzugen und auf geschlossene, abgeschirmte Leuchten achten, die nicht heiß werden.
In der Gemeinde und Stadt:
- Überprüfung und Optimierung der Straßenbeleuchtung, z.B. durch Abschirmung, Zeitschaltuhren oder Bewegungsmelder.
- Austausch alter Leuchten gegen insektenfreundliche Modelle und Reduktion der Beleuchtungszeiten.
- Sensibilisierung der Bevölkerung und Förderung nachhaltiger Beleuchtungskonzepte.
- Seid kritisch und aufmerksam!
Überprüft Beleuchtungen in eurer Stadt und Gemeinde und meldet euch zu Wort. Sei es, dass diese auf insektenfreundlicher umgestellt oder überhaupt ganz eingestellt werden sollten. Viele alte (schlechte) Gewohnheiten werden leider nicht mehr hinterfragt.
Politische Maßnahmen:
- Einführung gesetzlicher Regelungen zur Begrenzung von Lichtemissionen, wie sie etwa in Frankreich bereits existieren.
- Förderung von Forschung und Aufklärung über die Folgen der Lichtverschmutzung.
Lichtverschmutzung ist mehr als nur ein ästhetisches Problem – sie betrifft unsere Gesundheit, die Artenvielfalt und das Klima. Jeder kann durch bewussten Umgang mit künstlichem Licht einen Beitrag leisten, die Dunkelheit der Nacht zu bewahren und damit Mensch und Natur zu schützen.
Weitere interessante Artikel auf unserer Website:
- Der Rebound-Effekt
- Earth Hour – Für eine Stunde wird jeweils am letzten Samstag im März das Licht abgedreht
- Earth Night – jährlich im September, das nächste Mal: 19.9.2025
- Lichterketten und Weihnachtsbeleuchtung
- Energie- & Stromspartipps für den Alltag
- Der Energieführerschein der Umweltberatung
- Nachtschwärmer
Dieser Beitrag erschien erstmals am 26. März 2022 und wurde zuletzt am 22.4.2025 aktualisiert.
Quellen:
- sehr gut: https://www.paten-der-nacht.de/
- https://www.quarks.de/gesellschaft/drei-wege-wie-sich-lichtverschmutzung-vermeiden-laesst/
- https://www.wien.gv.at/umweltschutz/lichtverschmutzung.html
- https://www.meduniwien.ac.at/web/ueber-uns/news/2023/default-34fee72b1e-2/zunehmende-lichtverschmutzung-schadet-der-gesundheit/
- https://wua-wien.at/naturschutz-und-stadtoekologie/lichtverschmutzung/2401-earth-night-2022
- https://www.bmimi.gv.at/themen/klima_umwelt/naturschutz/vielfaltleben/gemeindenetz/tipps/lichtverschmutzung.html
- https://www.umweltberatung.at/lichtverschmutzung
- https://www.earth-night.info/
- https://www.wissenschaft.de/erde-umwelt/lichtverschmutzung-gefaehrdet-komplette-oekosysteme/
- https://www.ardalpha.de/wissen/umwelt/nachhaltigkeit/lichtverschmutzung-lichtsmog-nacht-himmel-licht-sterne-tiere-insekten-100.html
- https://de.wikipedia.org/wiki/Lichtverschmutzung
- https://www.bund-sh.de/stadtnatur/lichtverschmutzung/
- https://umwelt.tg.ch/public/upload/assets/36402/Empfehlungen+zur+Vermeidung+von+Lichtemissionen.pdf
- https://www.br.de/wissen/lichtverschmutzung-lichtsmog-licht-nacht-himmel-sterne-tiere-insekten-100.html
- The new world atlas of artificial night sky brightness: https://www.science.org/doi/10.1126/sciadv.1600377
- https://science.orf.at/stories/3219782/ (Lichtverschmutzung bedroht Glüchwürmchen)
- https://utopia.de/ratgeber/lichtverschmutzung-so-beeinflusst-sie-menschen-insekten-und-andere-tiere_96967/
- 5.8.2024: https://science.orf.at/stories/3226105/ (Straßenbeleuchtung gefährdet Artenvielfalt)
- 27.3.2025: https://science.orf.at/stories/3229476/
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